Washington. Ein US-Bundesgericht hat einen politischen Sturm ausgelöst, indem es den an vielen Schulen abgelegten "Treueschwur" auf die Fahne der USA für verfassungswidrig erklärt hat. Die Richter des Bundesberufungsgerichts in San Francisco urteilten, dass der Schwur mit den Worten "eine Nation unter Gott" die Trennung zwischen Kirche und Staat verletze. Zwar wird kein Kind zu den meist zum täglichen Schulbeginn abgelegten Treueschwur gezwungen, doch die Richter sehen darin dennoch eine Zwangslage für die Kinder. So hätten sie nur die Möglichkeit, die so genannte "Pledge of Allegiance" mit zu sprechen oder durch ihre Nichtteilnahme dagegen zu protestieren. Die "Pledge of Allegiance" lautet: "Ich schwöre Treue auf die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika und die Republik, für die sie steht, eine Nation unter Gott, unteilbar, mit Freiheit und Gerechtigkeit für jeden." Präsident George W. Bush zeigte sich empört. Er sprach von einer "lächerlichen" Entscheidung der Richter. Das Weiße Haus betrachte das Urteil als falsch, und das Justizministerium berate über rechtliche Möglichkeiten gegen das Urteil, sagte Bushs Sprecher Ari Fleischer. Er wies darauf hin, dass die Unabhängigkeitserklärung der USA auf Gott verweist, der Kongress seine Sitzungen mit einem Gebet beginnt und auf jeder Münze und jedem Dollarschein das Wort Gott mit aufgedruckt ist. Auch die Demokraten zeigten sich über das Urteil verärgert. Senatsführer Tom Daschle brachte zusammen mit dem Minderheitsführer Trent Lott eine Resolution ein, die die Richterentscheidung verurteilte und rechtliche Schritte forderte. Die Resolution wurde mit 99 zu 0 Stimmen gebilligt. Der Senat eröffnete seine Sitzung demonstrativ mit dem Treueschwur. Das Gerichtsurteil gilt für neun westliche Bundesstaaten der USA: Alaska, Arizona, Kalifornien, Hawaii, Idaho, Montana, Nevada, Oregon und Washington.