Es liege kein dringender Tatverdacht vor, dass der Mann Beihilfe zu den Morden der rechtsterroristischen Vereinigung geleistet oder die Gruppe unterstützt habe, teilte der BGH am Freitag mit. Der Haftbefehl war am 14. November 2011 erlassen worden. G. befand sich seither in Untersuchungshaft.

Karlsruhe/Berlin. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Haftbefehl gegen den mutmaßlichen NSU-Unterstützer Holger G. aufgehoben. Es liege kein dringender Tatverdacht vor, dass der Mann Beihilfe zu den Morden der rechtsterroristischen Vereinigung geleistet oder die Gruppe unterstützt habe, teilte die Behörde am Freitag mit. Der Haftbefehl war am 14. November 2011 erlassen worden. G. befand sich seither in Untersuchungshaft. Er kommt jetzt wieder frei. Dem Mann wird vorgeworfen, als Kurier eine Pistole an die beiden Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt geliefert zu haben. Die Übergabe soll 2001 oder 2002 stattgefunden haben. Die Pistole wurde den bisherigen Ermittlungen zufolge allerdings nicht bei den anschließenden Morden eingesetzt.

Der 3. Strafsenat des BGH sieht deshalb keine „tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass die Übergabe der Pistole die nachfolgenden ... Taten des NSU objektiv in irgendeiner Weise erleichtert oder gefördert hat“, begründete das Gericht seine Entscheidung.

Auch für eine Unterstützung der Terrororganisation gebe es keine Anhaltspunkte, die eine Untersuchungshaft rechtfertigen würden. Die Gruppierung habe sich nach außen „streng abgeschottet“ und über mehr als zehn Jahre davon abgesehen, sich zu ihren Taten zu bekennen. Vor diesem Hintergrund sei die Erklärung des Mannes nicht zu widerlegen, er habe mit den Mordanschlägen nicht gerechnet und die dem „Trio“ auch nicht zugetraut.

Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat derweil politische Konsequenzen wegen der jahrelang unentdeckt gebliebenen Neonazi-Mordserie gefordert. Der Vorsitzende Kenan Kolat bezeichnete die Äußerungen von Bayerns früheren Innenminister Günther Beckstein (CSU) im Bundestags-Untersuchungsausschuss als „völlig unzureichend“. Beckstein solle sein Landtagsmandat niederlegen, teilte Kolat am Freitag in Berlin mit. Der CSU-Politiker hatte die Vorwürfe gegen ihn und die Landesbehörden im Umgang mit der Mordserie zurückgewiesen. Den Rechtsterroristen – sie stammen aus Jena und lebten zuletzt in Zwickau – werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Fünf Morde wurden in Bayern begangen, weshalb das Verhalten der bayerischen Behörden und die Arbeit der bayerischen Soko Bosporus zunächst im Mittelpunkt des Ausschusses stehen. Beckstein sah bei seiner Befragung am Donnerstag keinen Anlass dafür, politisch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die Täter der Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) jahrelang nicht gefasst werden konnten.

Kolat kritisierte: „Ich frage mich, wer eigentlich Verantwortung trägt an der Verhinderung beziehungsweise Nichtaufklärung der Morde, wenn nicht ein Innenminister.“ Kolat forderte auch, den Leitenden Oberstaatsanwalt zu suspendieren, der damals für die Ermittlungsführung verantwortlich war, und den Verfassungsschutz in Bayern neu zu organisieren. In dem Ausschuss sei deutlich geworden, dass die „Unfähigkeit“ mehrere Behörden und die „Blockadehaltung“ der Verfassungsschutzämter zur Nicht-Aufklärung beigetragen hätten. Obwohl Beckstein fremdenfeindliche Motive hinter den Mordtaten vermutete, habe es keine ernstzunehmenden Bemühungen in diese Richtung gegeben. „Die Behörden sind von organisierter Kriminalität ausgegangen und haben sogar in der Türkei umfangreiche Ermittlungen angestellt“, sagte Kolat. Dies alles deute auf einen „institutionellen Rassismus“ in manchen deutschen Behörden hin, der aufgearbeitet werden müsse.

(dpa/dapd)