Der CDU-Spitzenkandidat hat bisher keinen Sitz im Parlament. Der Grund: Jager verschaffte sich keine Kandidatur für ein Direktmandat in den Wahlkreisen. Wie geht es nach der Landtagswahl mit ihm weiter?

Kiel. Es ist ein Novum in Schleswig-Holstein: Der CDU-Spitzenkandidat und Landeschef hat bisher keinen Sitz im Parlament. Nicht mal als Oppositionsführer kann Jost de Jager nach der Landtagswahl agieren. Sein politisches Gewicht dürfte abnehmen.

Eigentlich war klar, dass es ein riskantes Spiel wird und dass es schiefgehen kann. Aber CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager setzte trotzdem alles auf eine Karte: Er wurde die Nummer eins auf der Landesliste, verschaffte sich aber keine Kandidatur für ein Direktmandat. Das Spiel ging schief: Der Landeschef und amtierende Wirtschaftsminister geht bei der Sitzverteilung im neuen schleswig-holsteinischen Landtag leer aus. Seine Aussichten, das Erbe von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) anzutreten, sind nach der knappen Wahl am Sonntag ohnehin schlecht.

„Der Umstand, dass ich kein Mandat habe, ist ein Erfolgskriterium“, sagte de Jager am Montag in Berlin. Damit hat er sogar Recht. Die CDU errang 22 der 35 Direktmandate, genauso viele hat sie nach dem Zweitstimmenergebnis. Damit bleibt für keinen Kandidaten der Landesliste Platz. De Jager wäre nur dann im Landtag, wenn die Union in den Wahlkreisen schlechter abgeschnitten oder wenn es Überhangmandate gegeben hätte. Gab es aber nicht. Auch ein anderes Kalkül der CDU ging nicht auf: So stark zu werden, dass de Jager die Regierung führt.

Einen Spitzenkandidaten und Landeschef ohne Mandat im Land- oder Bundestag – das gab es bei der CDU im Norden noch nie und dürfte auch sonst selten sein. Das Kuriosum hat mit de Jagers Weg an die Spitze der Partei zu tun. Der 47-Jährige hatte sie im Spätsommer 2011 Eiltempo erklommen, weil sein Vorgänger Christian von Boetticher wegen einer früheren Beziehung zu einer 16-Jährigen zurücktrat. Damals standen die Kandidaten für die Direktmandate faktisch schon fest. Die neue Nummer eins hätte sich reindrängen und etwa von Boettichers Wahlkreis Pinnberg übernehmen müssen – als Eckernförder. Aber das wollte de Jager nicht.

Für die Union, die ihr Wahlziel, mit Abstand stärkste Kraft zu werden, verfehlt hat, ist der verpasste Einzug ein Dämpfer. „Es ist bedauerlich, dass Jost de Jager kein Mandat hat“, sagte Fraktionschef Johannes Callsen. „Er wird weiterhin eine führende Rolle in der Landespolitik spielen.“ Spekulationen, die CDU könnte versuchen, einen Wahlkreisabgeordneten zugunsten de Jagers zum Mandatsverzicht zu bewegen, gibt es nach dpa-Informationen nicht.

De Jager bekräftigte am Montag seinen Anspruch, die Regierung zu bilden. Allerdings schmiedet die fast gleichstarke SPD unter Torsten Albig an einem Bündnis mit Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW), eine große Koalition oder ein CDU/FDP/Grünen-Bündnis gelten als unwahrscheinlich.

Und wie sieht es aus mit der Bundespolitik? De Jager werde in Schleswig-Holstein gebraucht, betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Er sei außerdem Bundesvorstand der CDU. „Sonstige Verwendung habe ich eigentlich nicht“, sagte die CDU-Vorsitzende. Bleibt also wahrscheinlich nur der Job als Landeschef. „Ich bin Landesvorstand und werde das auch bleiben“, sagte de Jager. Aber einer, der sich nicht mal als Oppositionsführer profilieren kann. Sein politisches Gewicht könnte schwinden. (Nicola Kabel, dpa)