Die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, will den Kanzlerkandidaten auch von Nicht-Parteimitgliedern bestimmen lassen.

München. Die Bundestagswahl ist noch weit entfernt, könnte man meinen. Schließlich werden die Bürger der Bundesrepublik erst 2013 an die Urnen gebeten. Doch in der SPD ist die Debatte um einen Kandidaten für das Kanzleramt schon im vollem Gange. Bereits vergangene Woche meldete der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück an, dass er das Amt für sich beanspruche. Dafür hagelte es Kritik aus der Parteispitze. Auch von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die nun in der "Süddeutschen Zeitung" ankündigte, dass die Partei den Kanzlerkandidaten sowie Bewerber für Landratsposten, aber auch Bundestags- und Landtagsabgeordnete künftig in der Regel in Urwahlen bestimmen werden. Diese Wahlen sollen dann auch für Nichtmitglieder offen seien. Somit will die SPD-Führung die Partei weiter öffnen und auch Nichtgenossen Stimmrecht in bedeutsamen Personalfragen geben. Allerdings sollen die Wahlen für Parteiämter, etwa die der Vorsitzenden, weiterhin nur den Genossen vorbehalten bleiben.

Nahles sagte: "Wir wollen die Beteiligung von Nichtmitgliedern, aber sie muss Grenzen haben.“ Der Vorschlag der offenen Wahlen kommt von SPD-Chef Sigmar Gabriel, der die Parteireform bereits vor eineinhalb Jahren angestoßen hatte. Der Vorschlag solle nun alsbald dem Bundesvorstand zugehen. Der Beschluss sei bereits für den Bundesparteitag im Dezember geplant. Bis dahin dürfte es kontroverse Debatte geben, denn manche Mitglieder wollen Wahlrechte an das Parteibuch gebunden sehen.

Die SPD wäre mit dem Beschluss der freien Wahen die erste traditionelle Partei in Deutschland, die Nichtmitgliedern weitgehende Mitspracherechte einräumt. Diese müssten sich bei Wahlen registrieren lassen, persönlich abstimmen und sich auch an den Kosten der Abstimmung beteiligen, um Manipulationen zu vermeiden, sagte Nahles. Sie versicherte, die SPD bleibe eine Mitgliederpartei.

Doch nicht alle Mitglieder sind für einen solchen Vorstoß. Kritik wurde unter anderem in Kiel laut: Der Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels sagte der "taz. die tageszeitung“ (Mittwochausgabe): "Die Begeisterung in der Partei über diese Aushöhlung der Rechte der Mitglieder wird sich in Grenzen halten.“ Keine Parteireform dürfe "die Mitgliedschaft entwerten“.

Auch die Jungsozialisten äußerten große Bedenken. Der Juso-Bundesvorsitzende Sascha Vogt sagte der "Leipziger Volkszeitung“ (Mittwochausgabe): "Entscheidend für die SPD ist es zunächst, ein vernünftiges Programm zu entwickeln. Anschließend geht es darum, einen Kandidaten zu finden, der auch wirklich zum Programm passt und die beschlossenen Inhalte umsetzt“, meinte Vogt und fügte hinzu: "Ich bezweifle, dass das mit einer Direktwahl des Kanzlerkandidaten funktionieren kann.“

Knapp zweieinhalb Jahre vor der Bundestagswahl hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in der K-Frage der Sozialdemokraten bei den Bürgern die Nase vorn. In einer aktuellen Umfrage lag Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) allerdings nur knapp dahinter, Parteichef Sigmar Gabriel wollten nur wenige als Kanzlerkandidat sehen.

Das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid hatte im Auftrag des "Focus“ 1.006 Deutsche befragt. 31 Prozent sprachen sich für Steinmeier aus. Steinbrück kam auf 29 Prozent und Gabriel auf elf Prozent. Auch bei den SPD-Anhängern ergab sich diese Reihenfolge. 38 Prozent der Genossen hielten Steinmeier für den geeigneten Kanzlerkandidaten, 31 Prozent Steinbrück und 24 Prozent Gabriel.

(abendlatt.de/dapd)