Nach der spannenden Landtagswahl ist immer noch offen, wer die Regierung stellt. Beide Volksparteien erheben den Führungsanspruch.

Düsseldorf. Nach dem knappen Wahlausgang hat in Nordrhein-Westfalen das Tauziehen um die Macht im Land begonnen. Sowohl der amtierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) als auch SPD-Herausforderin Hannelore Kraft erhoben Anspruch auf das Amt des Regierungschefs.

Die CDU sei bei der Landtagswahl stärkste politische Kraft geblieben, sagte Rüttgers am Montagabend nach einer Sitzung des geschäftsführenden CDU-Landesvorstands in Düsseldorf. Es gehöre zu den demokratischen Gepflogenheiten, dass die stärkste Partei den Regierungschef stelle. „Ich habe allen demokratischen politischen Kräften im Land meine Bereitschaft zu Gesprächen angeboten“, fügte Rüttgers hinzu.

Obwohl die SPD am Ende doch ganz knapp nur zweitstärkste Partei wurde, sieht sich aber auch deren Spitzenkandidatin Kraft als Wahlsiegerin und beansprucht die Regierungsführung. „Fakt ist: Es gibt keine Regierungsbildung ohne die SPD. Ich möchte Ministerpräsidentin dieses Landes werden“, sagte sie. Der hauchdünne CDU-Vorsprung sei unerheblich. Entscheidend sei, dass SPD und CDU gleich viele Mandate im Landtag stellten. „Wir schließen zum jetzigen Zeitpunkt nichts aus“, betonte Kraft ihre Offenheit für Verhandlungen mit allen politischen Parteien. Zu einer rot-rot-grünen Koalition äußerte sich Kraft nicht, schloss aber die Tolerierung einer Minderheitsregierung durch die Linkspartei aus. Zuerst wolle sie mit den Grünen reden.

SPD-Chef Sigmar Gabriel appellierte an die nordrhein-westfälische FDP, sich Gesprächen über eine Regierungsbildung nicht zu verschließen. Der bisherige Standpunkt der Liberalen in Düsseldorf, gar nicht erst mit der SPD zu reden, sei „kein angemessener Umgang mit dem Wahlergebnis“. Der FDP-Landesvorsitzende Andreas Pinkwart und Fraktionschef Gerhard Papke bekräftigten aber, ihr vor der Landtagswahl geäußertes Nein zur Ampelkoalition gelte weiter.

Die Grünen zeigten sich offen für ein Bündnis mit der Linkspartei. Die Linke müsse allerdings einsehen, dass es keine haushaltspolitische „Wünsch-dir-was-Politik“ geben könne, sagte die Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger. Auch Parteichefin Claudia Roth zeigte sich offen für Gespräche über eine rot-rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen, lehnte aber eine von der Linkspartei tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung ab.

Diese Möglichkeit schloss indes auch Linken-Spitzenkandidatin Bärbel Beuermann aus. Ebenso wie Parteichef Oskar Lafontaine erklärte sie sich aber zu einer Regierungsbeteiligung bereit, sofern die Inhalte stimmten.

Nach dem erst am frühen Morgen vorgelegten vorläufigen amtlichen Endergebnis haben im neuen Landtag weder die bisherige CDU/FDP-Koalition noch Rot-Grün eine Mehrheit, auch für eine Regierung aus CDU und Grünen reicht es nicht. Am Ende lag die CDU bei 34,6 Prozent doch mit hauchdünnem Vorsprung vor der SPD, die auf 34,5 Prozent kam. Beide Parteien verfügen damit über je 67 Sitze. Drittstärkste Kraft wurden die Grünen mit 12,1 Prozent und 23 Mandaten. Die FDP stellt mit 6,7 Prozent künftig 13 Abgeordnete, und die Linken ziehen mit 5,6 Prozent und 11 Parlamentariern erstmals in den Landtag des bevölkerungsreichsten Bundeslands ein. Die Wahlbeteiligung sank von 63 auf 59,3 Prozent.

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