Statt Unterricht protestierten die Schüler draußen und fordern die Ablösung von Norbert Mischke.

Scharnebeck. "Seit zwei Jahren arbeiten wir daran. Jetzt ist es endlich soweit." Inge Steinberg steht am Rande des Sportplatzes am Schulzentrum Scharnebeck und guckt zufrieden in die Menge. Es ist Donnerstag, 10.45 Uhr, und an Unterricht nicht zu denken. Mindestens 600 Gymnasiasten haben sich zu einer Kundgebung auf der Tartanlaufbahn versammelt: Sie machen damit die Reihe öffentlicher Kritik am Schulleiter Norbert Mischke komplett.

Inge Steinberg sitzt im Elternrat, ihr Sohn besucht die zehnte Klasse. Die Mutter beschreibt Oberstudienrat Mischke als "Despoten, der alles steuern muss". Er spiele einen gegen den anderen aus, unterbinde Informationen. "20 Jahre hat er hier gewütet, war geschickt darin. Kaum zu glauben, dass das so lange funktioniert hat."

Zur selben Zeit sitzt Elternvertreterin Ulrike Kressel im Schulbüro mit Staatssekretär Peter Uhlig aus dem niedersächsischen Kultusministerium, der kurzfristig nach Scharnebeck zur Krisensitzung gekommen war. Am Mittwoch hatten die Schulinspektoren ihren Bericht der zweiten Prüfung im Gymnasium vorgestellt, das Ergebnis: Wieder durchgefallen, die Schule entspreche nicht den Mindestanforderungen an Schulqualität.

"Seit unserem ersten Gespräch am 10. April in Hannover ist nichts passiert", schimpft Kressel. "Die Lehrer sind sehr bemüht, aber der Schulleiter boykottiert alles." Nach dem erneuten Gespräch gestern rechnet die Elternvertreterin nun "definitiv mit einer Personalentscheidung im Ministerium".

Nach schlechter Gutsherrenart habe Norbert Mischke die Schule regiert, ist von den Lehrern zu hören. Pädagoge Volker Bratz: "Dabei sollen wir die Schüler zu demokratischen Menschen erziehen. Wir haben doch nicht studiert, um nur Befehlsempfänger zu sein." Gemeinsam mit den Schülern sang Bratz gestern "We shall overcome" in der Hoffnung auf Veränderung, denn: "Die jetzige Situation lähmt die Schule."

Sein Kollege, der seit 20 Jahren unter Mischke Mathe und Physik unterrichtet, hat sich in dieser Zeit nach eigenen Aussagen "Freiwilliges abgewöhnt". Wie bei den meisten nage der Führungsstil des Schulleiters an seiner Motivation. "Wenn nichts passiert, stelle ich wohl einen Versetzungsantrag." Damit ist er nicht allein, nach Informationen des Schulelternrats wollen Zweidrittel aller Lehrer des Gymnasiums weg.

"Wir bleiben", "Wir sind eine Schule und halten zusammen", war dagegen gestern Morgen die Botschaft der Schüler. "Der Bericht der Nachinspektion ist eingeschlagen wie eine Bombe", sagt Schülersprecherin Katharina Stierl (17). Zu ihren Mitschülern ruft Lena Salewski (19) ins Megafon: "Unsere Lehrer sind erschöpft und verzweifelt und wissen nicht mehr, was sie machen sollen. Alle haben sehr viel Energie aufgebracht, die Ergebnisse zu verbessern. Doch durch den Konflikt mit dem Schulleiter wurden die Prozesse gelähmt. Wir wollen eine Veränderung, wir lassen uns das nicht mehr bieten."

Eine Entscheidung hatte Staatssekretär Uhlig Eltern und Lehrern für gestern Abend - nach Redaktionsschluss - versprochen. Mischke ist seit Dienstag krank geschrieben.