Wahl verloren, einen Keil der Uneinigkeit in die Partei getrieben: Kurt Becks Flirt mit der Linkspartei bringt die Sozialdemokraten in eine unbequeme Lage. Eine Entscheidung muss her.

Berlin. Der neue Links-Kurs des Parteivorsitzenden Kurt Beck treibt einen immer größeren Keil in die SPD. Einflussreiche Politiker und Gruppen wie der Seeheimer Kreis sprachen sich heute gegen jegliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei aus und forderten eine Kurskorrektur von Beck. Der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann beschwerte sich gar schriftlich. Die Parlamentarische Linke innerhalb der SPD hingegen plädierte für eine Öffnung zur Linkspartei.

Seeheimer-Sprecher Johannes Kahrs forderte eine neue Debatte über den künftigen Kurs der SPD. "Man muss doch wissen, was man will: Will man die Linkspartei aufwerten? Will man sie links liegen lassen?" Bisher sei es in der Partei Konsens gewesen, bis 2009 im Bund und auf Ebene der westlichen Bundesländer nicht mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten. "Jetzt hat Beck das mal eben anders entschieden. Aber darüber hat es nie eine Diskussion in unserer Partei gegeben", sagte Kahrs.

Er gehe davon aus, dass drei Viertel seiner Kollegen eine Öffnung zur Linkspartei derzeit ebenfalls für falsch hielten, sagte Kahrs. In der "Bild"-Zeitung forderte er SPD-Chef Beck zudem auf, den Vorstandsbeschluss zur Zusammenarbeit mit den Linken in westlichen Bundesländern zu kippen.

In seinem dreiseitigen Brief beschwert sich Naumann bei Beck einer Meldung von "stern.de" zufolge, dass dessen Spekulationen über mögliche Bündnisse mit der Linkspartei die Hamburger SPD bei der Bürgerschaftswahl mindestens drei Prozentpunkte kosteten. SPD-Kreise bestätigten den Brief, machten aber keine Angaben zum Inhalt. "Stern.de" zufolge wollte Naumann Beck seine Kritik schon auf der Präsidiumssitzung am Montag mitteilen. Beck hatte jedoch alle Termine wegen einer Grippeerkrankung abgesagt.

Hingegen appellierte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Sprecher der Parlamentarischen Linken, Nils Annen, dafür, die Linkspartei nicht zu dämonisieren. Er unterstütze die Öffnung der SPD zur Linkspartei auf Landesebene, sagte Annen im Deutschlandradio Kultur. Beck habe die "richtige Antwort" auf die neue Situation in der Parteienlandschaft gefunden.

Derweil sind bei der Regierungsbildung in Hessen noch keine Fortschritte erkennbar. Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti appellierte zwar nochmals eindringlich an die FDP, sich einer Ampelkoalition auf Landesebene nicht zu verschließen. Im ZDF-Morgenmagazin sagte sie: "Ich erwarte von der FDP, dass sie sich inhaltlich mit uns auseinandersetzt." Eine Entscheidung über eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei stehe erst an, wenn die FDP sich endgültig verweigere.

Die hessische FDP lehnte ein Regierungsbündnis mit der SPD in Wiesbaden jedoch erneut kategorisch ab. "Die FDP wird keine Vorbereitungsgespräche für die Bildung einer Ampelkoalition in Hessen führen", sagte FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn. Weder das am Montag von Ypsilanti überreichte Schreiben noch das vom SPD-Landesvorstand am Mittwoch verabschiedete Eckpunktepapier würden von den Liberalen als Gesprächsangebot aufgefasst. Die SPD wolle eine linke Politik, sagte der FDP-Landesvorsitzende: "Sie weiß, dass sie diese Politik nur umsetzen kann, wenn sie eine Koalition mit Grünen und Linken eingeht."