Bei der Kontrolle von zwei Insassen eines Autos fielen plötzlich Schüsse – ein Mann starb. Zuvor hatten die Fahnder die Männer dabei beobachtet, wie sie sich an Geldautomaten zu schaffen machten.

Hamburg. Bedeckt von einem weißen Tuch liegt der tote Autofahrer am frühen Dienstagmorgen neben dem bordeauxfarbenen Renault auf dem Asphalt in der Hamburger Innenstadt. Getötet mit einem Schuss aus der Dienstwaffe eines Zivilfahnders. Im Laufe des Tages verdichten sich die Hinweise auf einen tragischen Unfall, der Schuss könnte sich versehentlich gelöst haben. "Es gibt keine Hinweise, dass eine Notwehrsituation vorgelegen hat", sagt Polizeisprecher Ralf Meyer. Der Schuss sei offensichtlich nicht gezielt abgegeben worden. Der 50-jährige Schütze galt als erfahrener Beamter und hatte bei der nächtlichen Überprüfung des Wagens zur eigenen Sicherheit die Waffe gezückt. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ermittelt.

Vor dem tödlichen Zwischenfall hatten die Fahnder die beiden Männer aus Rumänien dabei beobachtet, wie sie in der Hamburger Innenstadt in mehreren Banken offenbar Geldautomaten "bearbeiteten". In dem Auto mit britischem Kennzeichen findet die Polizei wenig später gefälschte Scheckkarten und Bargeld. Der Polizei zufolge gibt es keine Hinweise, dass der Wagen gestohlen wurde.

Um 2.55 Uhr entscheiden sich die Fahnder, das verdächtige Auto auf einer Brücke in der Nähe des Rathauses zu stoppen. Ein Fahnder tritt von hinten an das Auto heran und ruft "Halt Polizei". In diesem Moment löst sich der tödliche Schuss. Die rechte hintere Scheibe des Wagens wird durchschlagen. Der 27-jährige rumänische Fahrer stirbt wenig später, sein 31-jähriger rumänischer Beifahrer bleibt unverletzt und wird festgenommen.

Hamburgs Innensenator Udo Nagel (parteilos) spricht am Dienstag von einem "bedauerlichen Ereignis". Die ruhige Nebenstraße in einem Geschäftsviertel wird bis in den Morgen hinein weiträumig abgesperrt. Rot-weißes Flatterband mit der Aufschrift "Polizei" hindert Passanten am Gang zum Arbeitsplatz. Spezialisten in weißen Schutzanzügen sichern die Spuren. Erst am Vormittag werden die Arbeiten beendet, nur noch die Kreidestriche auf dem Asphalt erinnern an den Vorfall.

Ein Polizeiseelsorger und das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes betreuen die beteiligten Beamten. Die Untersuchungen vor Ort übernehmen die Mordkommission und das Dezernat für interne Ermittlungen (DIE). Nach tödlichen Schüssen mit der Dienstwaffe wird das DIE tätig, um ein mögliches Fehlverhalten von Beamten zu untersuchen. Ferner ist das DIE vor allem für die Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Dienst und bei der Polizei zuständig.

Der Hamburger Fall ist der zweite tödliche Schuss mit einer Dienstwaffe in diesem Monat. Am 16. Juni erschoss ein Polizist in Speyer (Rheinland-Pfalz) bei einer Verkehrskontrolle einen flüchtigen 19-jährigen Autofahrer. In Hamburg ereignete sich ein ähnlich folgenschwerer Zwischenfall zuletzt am Heiligabend 2002, als ein Polizist einen Einbrecher erschoss, der durch ein Fenster fliehen wollte.