Im Prozess um den Hungertod der siebenjährigen Jessica vor dem Hamburger Landgericht haben die Verteidiger der Eltern - anders als die Staatsanwaltschaft - keine Verurteilung wegen Mordes gefordert.

HAMBURG. Der Anwalt der 36jährigen Mutter plädierte für seine Mandantin auf eine Strafe wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Mißhandlung von Schutzbefohlenen. Seine Mandantin habe nicht den Vorsatz gehabt, Jessica zu töten, sagte Anwalt Manfred Getzmann am Mittwoch. Vielmehr habe sie den Haß, den sie in ihrer eigenen Kindheit erlebt habe, an ihre Tochter weitergegeben. Körperverletzung mit Todesfolge kann mit drei bis 15 Jahre Gefängnis bestraft werden.

Für den 50jährigen Vater von Jessica plädierte dessen Anwältin Johanna Dreger-Jensen auf eine Verurteilung wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen. Der Mann habe nicht um den desolaten Zustand seiner Tochter gewußt, sondern die Veranwortung komplett an die Mutter übergeben. "Er hat das Ausmaß der Katastrophe nicht realisiert", sagte Dreger-Jensen. Jedoch habe er sein Kind durch "Nicht-Kümmern" gequält. Ihm hätte bewußt sein müssen, das die Behandlung seiner Frau dem Kind schade. Auf Mißhandlung von Schutzbefohlenen stehen mindestens ein Jahr und höchstens 15 Jahre Haft.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Eltern des Mädchens hingegen Mord durch Unterlassen und Mißhandlung von Schutzbefohlenen vor und fordert lebenslange Haft für die beiden Angeklagten. Das nicht verheiratete Paar soll die gemeinsame Tochter jahrelang in einem dunklen Zimmer wie eine Gefangene gehalten haben. Die Eltern sollen Jessica zudem Essen und Trinken vorenthalten haben. Anfang März war das Mädchen tot in der elterlichen Hochhauswohnung in Hamburg gefunden worden. Die Siebenjährige war am 1. März an erbrochenem Speisebrei erstickt. Als man sie fand, wog Jessica nur noch neun Kilo.