Im Prozess gegen die Eltern der toten Michelle hat der angeklagte Vater Andreas J. Fehler eingestanden. Die jungen Eltern sind wegen fahrlässiger Tötung ihrer zweijährigen Tochter Michelle und wegen Vernachlässigung ihrer anderen fünf Kinder vor Gericht.

HAMBURG. "Wir haben vieles verkehrt gemacht", sagte der Vater heute vor dem Hamburger Landgericht. Andreas J. gab zu, für die kranke Michelle in den Tagen vor ihrem Tod keine ärztliche Hilfe geholt zu haben. Er sei davon ausgegangen, daß seine Tochter nur "einen leichten Schnupfen" hatte. Seine Kinder seien fast nie beim Arzt gewesen, unter anderem weil er und seine Frau nicht krankenversichert waren, räumte der 34Jährige ein.

Michelle war im Alter von zwei Jahren im Juli 2004 an einem Hirnödem gestorben, weil die Eltern keinen Arzt verständigt hatten. Das Gericht meldete in der Verhandlung zudem Zweifel daran an, daß die Eltern die kleine Michelle einen Tag vor ihrem Tod das letzte Mal lebend gesehen hatten. Möglicherweise hätten sie zu dem Kind bereits zwei Tage zuvor zuletzt Kontakt gehabt, hieß es.

Während des Prozesses um Michelle waren noch mehr schockierende Tatsachen über die Eltern ans Tageslicht gekommen. Andreas J. gab zu, daß die insgesamt sechs Geschwister teilweise stundenlang in völlig verdreckten und mit Kot verschmierten Kinderzimmern eingesperrt gewesen seien. Der Vater räumte ein, die Türklinken an den Kinderzimmern abmontiert zu haben, um seine Ruhe vor den Kindern zu haben. Wenn die Kinder geweint oder geschrien hätten, sei er nur "sehr selten" zu ihnen gegangen. "Ich schäme mich dafür", sagte der Angeklagte.

Seine 28jährige Partnerin sei indes zum siebten Mal schwanger, sagte Andreas J..

Der Fall Michelle reiht sich in eine Reihe weiterer Fälle von Kindervernachlässigung in Hamburg. Parallel zu dem Verfahren nähert sich der Prozeß gegen die Eltern der toten Jessica dem Ende. Das Mädchen war im März 2005 qualvoll verhungert. Vor knapp zwei Wochen waren weitere Fälle von Kindervernachlässigung in Hamburg bekannt geworden: Unter anderem fand die Polizei zwei Kinder im Alter von zwei und vier Jahren in einer völlig verwahrlosten Wohnung in Wilhelmsburg. Die Häufung der Fälle hat die politische Debatte um Kindervernachlässigung in der Stadt angeheizt.

dpa/lno