Knapp 1500 Flüchtlinge sind für den Stadtteil zu viel

„Menschen, Ratten, Kakerlaken, Scherben, Müll. Weil der Spielplatz völlig zerstört ist, spielen die Kinder im Abfall“, hieß es. Und: „Es ist wirklich entsetzlich. Leute stehen vor Feuern, überall liegt Müll.“ Zwei Situationsbeschreibungen, die nach São Paulo, Mombasa oder Jakarta klingen – aber Billbrook beschreiben. Genau genommen Teile Billbrooks der späten 1990er-, frühen 2000er-Jahre. Das erste Zitat stammt aus einem Abendblatt-Bericht, das zweite vom damaligen Bezirksamtsleiter Markus Schreiber. Zwei Zitate, die die dramatischen Zustände in der Flüchtlingsunterkunft an der Berzeliusstraße beschreiben. Vor rund 15 Jahren lebten hier von der Außenwelt weitgehend isoliert Hunderte Flüchtlinge in heruntergekommenen Baracken. Die Betreuung war mangelhaft, Polizeieinsätze an der Tagesordnung – bis Hamburg reagierte und die menschenunwürdige Behausung endlich schloss. Jetzt werden an der Berzeliusstraße erneut Hunderte von Flüchtlingen untergebracht.

Die Zeiten ähneln sich, die Herausforderungen, vor denen Hamburg steht, auch: Der Zuzug von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen ist groß und ungebrochen. Die Hoffnung auf ein besseres Leben treibt Monat für Monat Hunderte Syrer, Ghanaer oder Mazedonier nach Hamburg, um nur drei Beispiele zu nennen. Und die Stadt hat die Pflicht, sich um sie zu kümmern. Zumindest bis verbindlich geklärt ist, ob sie ein Bleiberecht haben.

Und so steht Hamburg vor dem Dilemma, Grundstücke für den Aufbau von Containerdörfern nutzen zu müssen, die dort besser niemals entstehen sollten. Wie an der Berzeliusstraße, wo es in der Nachbarschaft schon zwei Notunterkünfte für mehr als 700 Menschen gibt. Gerecht ist es nicht, wenn in Billbrook demnächst knapp 1500 Flüchtlinge in Containerdörfern leben, in wirtschaftlich und sozial stabileren Stadtteilen aber deutlich weniger oder gar keine. Gerecht nicht, vielleicht aber alternativlos. Die Slum-ähnlichen Zustände der 1990er-Jahre sind Verpflichtung für die Stadt – sich 2014 an der Berzeliusstraße anständig und intensiv um die Flüchtlinge und ihre Integration zu kümmern.