Das Chaos in der neuen Partei ist eher normal als überraschend

Dass es nicht leicht ist, eine Partei zu gründen, zeigt die Geschichte der Bundesrepublik. Die letzte erfolgreiche und zugleich nachhaltige Parteigründung ist fast 35 Jahre her. Seit die Grünen sich Anfang 1980 formierten, hat es keine neue Partei mehr gegeben, die sich nicht binnen weniger Jahre nach ihrer Gründung wieder selbst zerlegt und in die Bedeutungslosigkeit manövriert hat – wenn man die Linke als Teilnachfolgepartei der SED nicht mitzählt.

Hamburg hat das Auf und Ab kleiner Neugründungen etwa mit der Statt-Partei, der Grünen-Abspaltung „Regenbogen“ und der Schill-Partei erlebt und damit gemischte Erfahrungen gemacht. Die Statt-Partei hat die Stadt zunächst würdig mitregiert, die rechtspopulistische Schill-Partei ziemlich unwürdig, Regenbogen hat für kurze Zeit in der Bürgerschaft eine ordentliche linke Opposition gegeben. Alle drei sind wieder verschwunden – und auf dem Weg ins politische Nirvana sind derzeit auch die Piraten.

Ganz gleich, wie man zur Ausrichtung von (neuen) Parteien, wie jetzt der AfD, steht, eines sollte klar sein: Für die Demokratie ist es gut, dass sich viele Menschen in der Politik engagieren – in bestehenden Parteien, in Volksinitiativen oder durch die Gründung neuer Parteien.

Wahr ist: Das, was sich bei der Hamburger AfD derzeit abspielt, ist wenig einladend. Gleichwohl muss man das Chaos (noch) unter Geburtswehen verbuchen. Nicht nur bei Neugründungen geht es oft robust zu, weil sich vieles personell und inhaltlich erst finden muss. Auch ältere Parteien gleichen keineswegs stabilen Freundeskreisen. Insofern wäre es verfrüht, die AfD als Hühnerhaufen abzutun und mit ihrem baldigen Verschwinden zu rechnen. Hamburgs Wähler haben einen Hang zu neuen Parteien – und im rechten Spektrum gibt es ein Potenzial, das die CDU nicht einzufangen vermag. Deswegen bleibt es dabei: Wer die AfD bekämpfen will, der muss das politisch tun. Er muss sich mit ihren Inhalten auseinandersetzen und ihre teils kruden rechtspopulistischen Thesen widerlegen. Das ist möglich. Und so viel Demokratie muss sein. Sie auszugrenzen oder abzutun würde nur einer Partei nützen: der AfD selbst.