Unsere Freiheit sollte es uns wert sein. Anspruch und Realität klafften immer weiter auseinander.

Die dramatische Zeitenwende ab 1989 beendete eine vier Jahrzehnte währende Konfrontation zwischen den beiden stärksten Militärblöcken der Menschheitsgeschichte. Das Ende des Kalten Krieges verleitete damals zu Fehleinschätzungen. Wie jene des prominenten amerikanischen Politologen Francis Fukuyama, der das „Ende der Geschichte“ ausrief, da es nun zum westlichen Demokratiemodell nunmehr keine Alternative mehr gebe.

Im ehemaligen Frontstaat Deutschland sah man sich nur noch von Freunden umgeben. Die Frage nach dem Sinn des Verteidigungsbündnisses Nato wie auch der eigenen Streitkräfte wurde gestellt. Auch angesichts der enormen Kosten der Wiedervereinigung wurde die Bundeswehr zum finanziellen Steinbruch.

Die Suspendierung der allgemeinen Wehrpflicht schnitt die deutsche Armee von ihrem natürlichen Nachwuchs ab; zudem zeigt die Erfahrung, dass Berufsarmeen erheblich teurer sind als Wehrpflichtarmeen, da sie um gute Kräfte auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren müssen.

Bündnisverpflichtungen wie auch das gestiegene Selbstbewusstsein Deutschlands – das sich derzeit um einen Ständigen Sitz in einem reformierten Uno-Sicherheitsrat bemüht – ließen deutsche Regierungen zahlreiche militärische Einsätze beschließen. Doch Anspruch und Realität klafften immer weiter auseinander.

Zugleich wurde die Kernaufgabe der Landesverteidigung weitgehend vernachlässigt. Von mehr als 7000 Kampfpanzern im Jahr 1991 sind heute noch lächerliche 200 im aktiven Bestand, von denen nur ein Teil einsatzfähig ist. Die Bundeswehr wurde systematisch zugrunde gespart; in vielen Bereichen fehlen seit Jahren Ersatzteile – was zum Prinzip der Mängelverwaltung, sprich Kannibalisierung, geführt hat.

So erklärt sich, dass von elf Fregatten nur sieben einsatzfähig sind, von 31 Tiger-Kampfhubschraubern höchstens zehn. Deutschland hat wesentliche militärische Fähigkeiten eingebüßt und ist nicht mehr in der Lage, seine Nato-Verpflichtungen einzuhalten. Unsere Streitkräfte fliegen mit der Transall eine völlig veraltete Transportmaschine, die 1963 ihren Erstflug hatte.

Hinzu kommen massive Fehlplanungen. Wenn der neue Transporter A400M irgendwann um Jahre verspätet der Truppe zugeführt wird, ist er Maschinen anderer Staaten unterlegen. Er kann nicht einmal einen einzigen Leopard-Kampfpanzer transportieren. Fünf Maschinen vom Typ A400M wären notwendig, um die Kapazität einer einzigen Antonow AN-124 zu erreichen.

Der deutsche Tiger ist verwundbar, wenn er mit seinem mageren, starr eingebauten Maschinengewehr auf das Ziel ausgerichtet werden muss, während die französische Version eine schwenkbare Maschinenkanone besitzt. Ob Drohnendesaster, ob weiche Rohre der G-36 Sturmgewehre – die Liste der Fehler und Fehlplanungen ließe sich zweifellos noch lange fortsetzen.

Die Aggression Russlands in der Ukraine und der Vormarsch der IS-Terror-Armee in Syrien und im Irak haben gezeigt, dass unsere Welt leider nicht so friedlich ist wie erhofft. Deutschland muss umdenken und verloren gegangene Fähigkeiten und Kapazitäten zur Abschreckung neu erwerben.

Das wird teurer (und erfordert ein Aufräumen in zuständigen Planungsstäben des Verteidigungsministeriums). Aber wenn wir Wohlstand und Freiheit, die wir genießen, verteidigen und nicht erpressbar werden wollen, müssen wir das tun. Abgesehen davon, dass unsere Soldaten die beste Ausrüstung verdienen, die es gibt – wenn sie für uns alle den Kopf hinhalten sollen.