Hamburg darf sich die große Chance der Spiele nicht entgehen lassen. Fakt ist, dass es schon jetzt wieder ein breites Bündnis für eine Bewerbung gibt, in der Bürgerschaft, in der Wirtschaft und natürlich auch im Sport.

Es gibt immer wieder warnende Stimmen in der Stadt, die Hamburg einen Hang zur Selbstgefällig- beziehungsweise Mittelmäßigkeit vorwerfen. Interessanterweise sprechen exakt dieselben Stimmen von Größenwahn, wenn Hamburg sich dann doch mal etwas traut – zum Beispiel die Bewerbung für Olympische Spiele.

Ja, was denn nun? Natürlich ist es schick – und wird offenbar immer schicker –, Altbundeskanzler Helmut Schmidt zu zitieren, und natürlich ist sein (uralter) Spruch von Hamburg als „schlafender Schönen“ ein leicht und nett zu wiederholender. Allein: Er geht an der Wirklichkeit vorbei, und wenn die oben genannten Stimmen überhaupt in einer Richtung recht haben, dann ist es aktuell die andere. Soll heißen: Man kann, wenn man denn unbedingt will, Hamburg eher vorwerfen, sich zu viel vorzunehmen als zu wenig. Man kann es aber auch lassen und der Stadt schlicht attestieren, dass sie sich so verhält, wie es sich für Europas größte Metropole, die nicht Hauptstadt ist, gehört.

Der Weg zu neuer Größe und Bedeutung, der Weg von der schlafenden Schönen, um dieses ein hoffentlich letztes Mal zu zitieren, begann mit dem Bau der HafenCity, führt über die Elbphilharmonie (eher Kategorie Größenwahn) und über Projekte wie Wohnungsbau, Kinderfreundlichkeit, U 5 eben zur Bewerbung um Olympische Sommerspiele. Das ist, gerade nach den mit dem Konzerthaus gemachten Erfahrungen, nicht gerade wenig auf einmal, und trotzdem sollte die Stadt alles dafür tun, nach der gescheiterten Bewerbung um die Spiele 2012 diesmal wenigstens als deutscher Kandidat ins Rennen zu gehen – und dann ein neues Selbstbewusstsein im Duell mit den Kontrahenten aus der ganzen Welt zu zeigen.

Wer sich an den ersten Versuch erinnert, bei dem Hamburg damals knapp und vor allem dem Umstand der deutschen Wiedervereinigung geschuldet Leipzig unterlag, der schwärmt noch heute von der Stimmung in der Stadt. Von einer Idee, die eine Mehrheit nicht unberührt, die selbst gestandene Hamburger Kaufleute euphorisch werden ließ. Wenn es in der jüngeren Hamburger Geschichte ein Thema gab, hinter dem sich eine nennenswerte Zahl der hier lebenden Menschen versammelte, dann war es eben dieses: Sommerspiele am Hafen, vor einer einzigartigen Kulisse, Olympia der kurzen Weg. Die Hamburger haben sich das damals zugetraut, was nicht so sehr für einen Hang zur Selbstgefälligkeit, sondern eher für ein starkes Selbstbewusstsein spricht.

Seitdem hat die Stadt ein besonderes Verhältnis zu Olympia, das zuletzt beim Empfang der deutschen Olympiateilnehmer aus London sichtbar wurde. Ob das reicht für eine erneute Kandidatur, ob sich die beeindruckende Begeisterung der Vergangenheit reaktivieren, eventuell sogar noch steigern lässt, wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen.

Fakt ist, dass es schon jetzt wieder ein breites Bündnis für eine Bewerbung gibt, in der Bürgerschaft, in der Wirtschaft und natürlich auch im Sport. Was Letzteren angeht, hat Hamburg sowieso stark dazugelernt. Beim ersten Versuch, Olympia zu holen, sprachen für die Stadt vor allem die Geografie und die Begeisterung der Menschen. Jetzt würden auch die sportlichen Voraussetzungen stimmen, von der Situation beim HSV einmal abgesehen. Aber Fußball spielt ja bei Olympischen Spielen (zum Glück) nur eine Nebenrolle.

Hamburg sollte wieder Ja sagen zu Olympia, und zwar möglichst laut. Hamburg sollte sich dabei weder von den Erfahrungen mit anderen Großprojekten noch von den Kosten abschrecken lassen. Nicht jeder Euro, aber ein Großteil des Geldes, das in eine Bewerbung oder eben in die Spiele fließt, wird am Ende vor allem der Stadt nutzen. Wir wären tatsächlich selbstgefällig, wenn wir uns diese Chance entgehen lassen würden.