Schavan hat den Lübecker Doktortitel nicht verdient

Es war eine der letzten großen Amtshandlungen des Lübecker Universitätspräsidenten Peter Dominiak: die Verleihung der Ehrendoktorwürde an die ehemalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan.

Im Juli geht Dominiak in Ruhestand. Mit einem gewissen Starrsinn hat er an der umstrittenen Auszeichnung festgehalten. Gewiss, die CDU-Politikerin, die ihren echten Doktortitel wegen Plagiatsvorwürfen abgeben musste, hat damals einiges getan, um die von der Schließung bedrohte Universität zu retten. An der Spitze der Bewegung stand sie allerdings nicht.

Erst protestierten Studenten und Professoren, dann die ganz Stadt. Auf nahezu jedem Auto mit HL-Kennzeichen prangte im Sommer 2010 der knallgelbe Aufkleber mit dem Schriftzug „Lübeck kämpft für seine Uni“. Dann erst kam Schavan und schaffte es mit einer geschickten Neuordnung im Bereich von Forschung und Wissenschaft, Geld nach Lübeck zu leiten.

Vielleicht liegt es einfach im Wesen einer deutschen Universitätsleitung, einer Ministerin dafür danken zu wollen. Diese Obrigkeits-Orientierung offenbart allerdings auch ein seltsames Verständnis politischer Prozesse. Liegt denn der Gedanke wirklich so fern, anstelle der Ministerin die eigene Studentenschaft für ihr in diesem Fall wohl entscheidendes Engagement auszuzeichnen – beispielsweise mit einem symbolischen Ehrendoktortitel?

Chance vertan. Die Uni muss nun mit dem Makel leben, im 50. Jahr ihres Bestehens eine falsche Entscheidung getroffen zu haben.

Aber auch Annette Schavan hat eine Chance vertan. Die Frau, deren Verdienste als Bildungsministerin allseits gerühmt werden, hätte der Universität aus der Klemme helfen können. Mit einem Verzicht auf die Ehrendoktorwürde hätte sie Größe bewiesen. Schavan ist schon vierfache Ehrendoktorin. Angesichts dieser Zahl liegt es nicht vollkommen im Bereich des Undenkbaren, dass ein fünfter Titel nicht mehr ganz so wichtig sein könnte. Irrtum.

Und so wurde am Freitag in Lübeck aus einem großen Abend der Ehrungen ein kleiner Abend des fehlgeleiteten Ehrgeizes.