Zahl der Unregelmäßigkeiten in Hamburg muss beunruhigen

In der deutschen Bevölkerung gibt es nach wie vor ein gewisses Urvertrauen in das Handeln von Politik (etwas weniger) und Verwaltung (etwas mehr). So beruht der große Wahlerfolg von Angela Merkel nicht zuletzt darauf, dass sie den Wählern erfolgreich den Eindruck vermitteln konnte: Lasst mich mal machen, ich habe alles im Griff.

Umso verheerender wäre es, wenn ausgerechnet nach einer Bundestagswahl, dem bedeutendsten Akt unserer Demokratie, der Eindruck entstehen würde, dass die Behörden mit dem Auszählen der Stimmen überfordert waren, dass womöglich gar etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Genau dieser Eindruck entsteht in Hamburg aber gerade.

Zwar gab es nicht den einen großen Skandal, den die CDU am Montag schon vermutet hatte. Aber die Menge der kleineren und mittleren Panne ist beunruhigend: Sechs Stunden nach Schließung der Wahllokale hatten 68Wahlbezirke noch kein Ergebnis ermittelt; erst um 1.34 Uhr meldete Hamburg als letztes Bundesland Zahlen nach Berlin; am Montag konnte der Landeswahlleiter noch nicht sagen, wie viele Urnen dabei unberücksichtigt geblieben waren; aus neun Wahlbezirken war bis Dienstagabend nicht bekannt, wie die Auszählung für den Volksentscheid gelaufen ist; und zur Krönung war die Zahl der Briefwähler zunächst um 80.000 zu niedrig angegeben worden, was das ganze Hamburg-Ergebnis kurzzeitig infrage gestellt hatte.

Nun mit dem Finger allein auf die Behörden zu zeigen, wäre falsch und ungerecht, zumal der Finger auch auf uns alle zurückzeigen würde. Denn in den Wahllokalen sitzen keine verbeamteten Zählprofis, sondern ganz normale Bürger, die sich gegen einen geringen Obolus in den Dienst der Allgemeinheit stellen – das verdient Dank und Anerkennung. Sie können und dürfen Fehler machen. Aufgabe von Senat und Landeswahlamt ist es aber, diese Fehler schnellstmöglich aufzuklären und damit nicht zu warten, bis die Auszählung der Bundestagswahl auch offiziell beendet ist. Denn jeder weitere Tag Ungewissheit könnte das Vertrauen in Politik und staatliche Institutionen beschädigen.