HSV-Handballer sind die Könige Europas. Gegen den Fußball haben sie aber keine Chance

Hariolf Wenzler, der ehemalige Chef der Hamburg Marketing GmbH, hat einmal gesagt, die beste globale Werbung für diese Stadt wäre es, wenn die HSV-Fußballer die Champions League gewännen. Davon ist in absehbarer Zeit nicht auszugehen.

Nun ist den Hamburger Handballern dieser einzigartige Triumph gelungen, und Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Michael Neumann werden das Team am kommenden Sonntagnachmittag auf dem Rathausbalkon empfangen. Dort standen die HSV-Fußballer zuletzt 1987 nach ihrem Pokalsieg gegen den Zweitligaclub Stuttgarter Kickers.

Die Handballer haben sich immer ein wenig wie der kleine Bruder des Fußballs gefühlt, entsprechend ist die Dimension ihres großen sportlichen Erfolges einzuordnen. Den finalen Triumph des Handball Sport Vereins (HSV) Hamburg am Sonntagabend gegen den FC Barcelona verfolgten weltweit nur geschätzte 20 Millionen Zuschauer beim Spartensender Eurosport - bis zu 1,3 Millionen hierzulande -, während eine Woche zuvor eine Milliarde Menschen beim German Football-Final in London zwischen Bayern München und Borussia Dortmund vor den Fernsehern saßen.

Bei Vermarktung, Zuschauern und Spielergehältern gilt im Vergleich der beiden Ballsportarten ungefähr der Faktor zehn. Und in den vergangenen Jahren hat der Fußball seine marktbeherrschende Stellung vor allem in Deutschland weiter ausgebaut. Kein Kartellamt schritt dabei ein. Neben dem Fußball vegetieren die übrigen Sportarten mehr oder weniger am Rande der Aufmerksamkeit dahin, Hamburgs europaweit erfolgreiche Hockeyclubs könnten jederzeit in dieses Klagelied einstimmen.

Der Handball wiederum hat es nicht verstanden, aus dem auch medialen WM-Triumph der Nationalmannschaft im Februar 2007, den damals bis zu 20 Millionen im ZDF sahen, Kapital zu schlagen. Bei einem weitgehend ehrenamtlich geführten Verband mit im Hintergrund streitenden Landesverbänden darf das niemanden überraschen. Der Fußball dagegen kann sich auf allen Ebenen eine professionelle Organisation leisten. Und am Ende greift ohnehin die alte Regel: Geld macht Geld.

Der historische Erfolg der HSV-Handballer, die bereits seit sechs Jahren zu den vier, fünf besten Vereinsteams der Welt gehören, wird wohl ein lokales Phänomen bleiben. Selbst in Hamburg hatten Mannschaft und Verein in den vergangenen zwei Jahren bei nur ein wenig nachlassendem Erfolg hart um die Gunst von Zuschauern und Sponsoren kämpfen müssen, während diese den HSV-Fußballern trotz zum Teil abschreckender Darbietungen beinahe ungefragt zuliefen. Der Handball-Champions-League-Sieg wird die Verhältnisse nicht grundlegend ändern, die Hoffnung aber stirbt zuletzt, dass sich Leistung auf Dauer doch lohnt.

Das Problem hat die Hamburger Politik inzwischen erkannt. Die Dekadenstrategie, dieser parteiübergreifend akzeptierte Zehnjahresplan der städtischen Sportentwicklung, hat das Thema aufgegriffen. Eine mediale Plattform soll alsbald geschaffen werden, dass sich Hamburger Vereine und Verbände mit ihren Wettkämpfen und Meisterschaften verlässlich einem breiteren Publikum darstellen können; zunächst im Internet, später vielleicht auf einem eigenen lokalen Fernsehsportkanal. Der Deutsche Olympische Sportbund arbeitet an ähnlichen Konzepten, und nicht zufällig wurde die Medienstadt Hamburg als Standort für dieses Pilotprojekt auserwählt.

Was den Unterhaltungswert der Sportarten außerhalb des Fußballs angeht, dafür lieferte das Champions-League-Finale des HSV gegen Barcelona ein Lehrstück. In der Abendblatt-Sportredaktion konnten sogar eingefleischte Fußball-Anhänger in der Endphase der Begegnung nicht den Blick vom Bildschirm lassen.