Weniger Familien, mehr Singles: Hamburg muss reagieren.

Man muss kein Hellseher und kein Mathematiker sein, um zu wissen, dass der demografische Wandel auch vor Hamburg nicht halt macht. Die Zahlen, die gestern vom Statistikamt Nord zu den Strukturen in Hamburger Haushalten veröffentlicht wurden, bestätigen jedoch die Ahnungen und lösen gemischte Gefühle aus.

Hamburg ist eine Stadt der Erwachsenen. In nicht mal jedem fünften Haushalt spielt, lacht und streitet ein Junge oder Mädchen. Der "Jung mit 'n Tüdelband" aus dem Arbeiterstadtteil Barmbek - er ist Geschichte. Und ein Anteil von zehn bis 15 Prozent Familienhaushalten in Winterhude, Altona-Altstadt oder Uhlenhorst kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Familien auch hier auf dem Rückzug sind - vor allem wegen der hohen Wohnungspreise. Die gute Nachricht: Die meisten Eltern mit Kindern leben in Stadtteilen wie Bramfeld, Bergedorf und Rahlstedt. Die "klassische" Familie findet also auch noch statt. Das ist beruhigend.

Für Bürgermeister Scholz, der sich mehr Kinderfreundlichkeit für Hamburg auf die Fahnen geschrieben hat, heißt das: Er ist in schwerer See unterwegs. Zwar steigt die Geburtenzahl in der Hansestadt, wie jüngst eine andere Statistik belegte, doch den Familien ein lebenswertes Umfeld zu bieten, ist kein Kinderspiel. Mit dem Wohnungsbauprogramm und der Rücknahme der Kita-Gebühren wurden Zeichen gesetzt. Ob dies reicht und schnell genug Wirkung entfaltet, daran wird der SPD-Senat am Ende gemessen.

Mit 27 Prozent ist in Hamburg der Anteil an alleinerziehenden Eltern deutlich höher als im Bundesschnitt. Diesen allgemeinen Trend kann man bedauern, er ist in einer Metropole nicht ungewöhnlich. Es heißt aber, dass auf diese Väter und Mütter und ihre Kinder besonderes Augenmerk gelegt werden muss. Auf dem freien Wohnungsmarkt haben Alleinerziehende, die ohnehin in einer emotionalen Notlage sind, oft das Nachsehen gegenüber Doppelverdienern ohne Nachwuchs - wenn nicht gerade der Noch-Ehepartner dem Vermieter ebenfalls den Gehaltszettel unter die Nase hält.

Hamburg ist aber auch und in erster Linie Single-Hochburg. Es ist an der Zeit, neben Instrumenten wie öffentlich gefördertem Wohnraum, kostenlosem Kita-Mittagessen auch endlich für mehr Miteinander der Generationen zu werben. Wohn-Gemeinschaften von Senioren und jungen Familien, Leih-Omas sind da nur ein Anfang. Am Ende steht immer die Erkenntnis: Zusammen ist man weniger allein.