Dagegen steigt die Zahl der Singlehaushalte rasant. Scholz: Entwicklung ist alarmierend

Hamburg. Es ist ein Trend, der für die Zukunft Hamburgs immer bedrohlicher wird: In der Hansestadt ist die Zahl der Haushalte mit Kindern auf nur noch 18 Prozent gesunken. 1980 waren es noch 25 Prozent gewesen. Gleichzeitig stieg die Zahl der Singlehaushalte innerhalb eines Jahres um 25 000. Das bedeutet, dass bereits 517 000 Hamburgerinnen und Hamburger (fast 30 Prozent der insgesamt 1,765 Millionen Einwohner) alleine leben - das sind 53 Prozent aller Haushalte. Zu diesen Ergebnissen kommt das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein bei seiner zweiten Sonderauswertung aus dem Melderegister, die gestern veröffentlicht wurde.

Der Rückgang der Kinderzahlen ist besonders in Innenstadt-Gebieten dramatisch. In Barmbek, dem alten bevölkerungsreichen Arbeiterstadtteil, leben nur noch in jedem zehnten der rund 49 500 Haushalte ein oder mehrere Kinder. Unterboten wird diese Quote noch von den Stadtteilen Hammerbrook, Kleiner Grasbrook/Steinwerder und Borgfelde. Auch in der Altstadt, der Neustadt und St. Georg fehlen Familien mit Kindern.

Überdurchschnittlich kinderreich sind dagegen zentrumsferne Stadtteile wie Allermöhe, Rahlstedt, Billstedt, Wilhelmsburg, Bramfeld und Bergedorf. Allein in Allermöhe beispielsweise leben in rund 40 Prozent der Haushalte Kinder.

Die Entwicklung - weniger Kinder-Haushalte, mehr Singles - ist auch bundesweit seit Jahren zu beobachten. In knapp 40 Prozent der deutschen Haushalte lebt nur noch eine Person, ergab eine Bevölkerungsstudie des Marktforschungsinstituts GfK. In den Großstädten sind es schon mehr als 50 Prozent. Ein Trend, den Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) als "alarmierend" empfindet. Denn er gefährdet das Versprechen, das er in seiner Regierungserklärung am 23. März dieses Jahres gegeben hat: "Wir werden Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands machen (...). Wir wollen, dass gerade berufstätige Eltern eine Infrastruktur vorfinden, die es ihnen ermöglicht, Beruf und Familie zu vereinbaren." Dem Abendblatt sagte Scholz gestern: "Es sollte jedem klar sein: Eine Stadt ohne Kinder und ohne Familien ist in ihrer Existenz gefährdet." Bemerkenswert sei es zwar, dass die Hansestadt wachse. Aber dies geschehe leider nicht dadurch, dass Kinder nach Hamburg kämen.

Auch im Hamburger Rathaus weiß man, dass man dem demografischen Wandel der Gesellschaft nicht allein mit der (bereits erfolgten) Rücknahme der Kita-Gebühren gegensteuern kann. Wichtig sind vor allem erschwingliche Wohnungspreise, um Familien in der Stadt zu halten. Doch die derzeitige Kapitalflucht in Immobilien treibt auch die Mieten hoch. Da bleibt Familien mit Kindern häufig nur noch der Umzug aufs Land oder in die Randlagen der Stadt. Scholz hat die Schaffung von jährlich 6000 neuen Wohnungen in Hamburg zur Chefsache erklärt. Dem Abendblatt sagte er: "Das ist eine Aufgabe für den ganzen Senat, nicht nur für einzelne Behörden."