Neuer TV-Krimi aus Saarbrücken, der am Sonntag in der ARD läuft, hat mit Devid Striesow den wohl komischsten Kommissar aller Fernsehzeiten.

Jens Stellbrink ist der Klassenclown unter den "Tatort"-Kommissaren. Ein Ermittler, wie ihn sich Helge Schneider hätte ausdenken können. Weshalb es irgendwie naheliegend ist, die Rolle mit Devid Striesow zu besetzen. Striesow ist eine Art Geheimwaffe des deutschen Films. Kommt immer zum Einsatz, wenn es nicht allzu glatt gebügelt zugehen soll. Er besitzt die nötige Schlitzohrigkeit, die Prise Unberechenbarkeit, die es dem Zuschauer unmöglich macht, die Mundwinkel nicht zu einem breiten Grinsen zu verziehen, sobald er durchs Bild hopst. Selbst wenn es eigentlich gar nicht lustig ist.

Kein Wunder, dass Interviews mit dem Schauspieler zu den unterhaltsameren Gesprächen gehören. Noch bevor man überhaupt Platz genommen hat, erzählt Striesow, während er einhändig auf sein Handy einhämmert, dass er auf "Tatort" eigentlich gar keine Lust hatte. Serienrollen, Schubladencharaktere gehören nicht zu seinen Favoriten. Aber Christian Bauer, der zuständige Redakteur des Saarländischen Rundfunks, habe einfach nicht lockergelassen. Wenn man "Melinda" sieht, den ersten Stellbrink-"Tatort", versteht man, warum.

Dies ist im Grunde kein "Tatort", nimmt man als Messlatte einmal jene Kriminalfälle, die die Kollegen aus München und Köln am Sonntagabend lösen. "Melinda" ist eine Culture-Clash-Komödie mit wilden Wendungen und kauzigen Typen, in deren Mittelpunkt zufällig ein Kommissar steht. Einer, der Gummistiefel und Shorts kombiniert und im Büro ein paar Turnübungen einschiebt, wenn das Karma aus dem Lot gerät. "Wir haben versucht, eine Figur zu schaffen, die mir nahekommt. Stellbrink macht Yoga, ist ein Bauchmensch und pflegt einen individuellen Kleidungsstil. Wie ich", sagt Striesow. Er kann gleichzeitig reden, schnaufen, auf dem Stuhl herumhüpfen und Grimassen ziehen. Immer unter Hochdruck und gleichzeitig unendlich entspannt. Auch nach 18 Interviews und einem Drehpensum in den letzten Jahren, das andere in einer ganzen Schauspielkarriere nicht erreichen.

Striesow, der am Theater groß und als "Bella Block"-Assistent bekannt wurde, ist nicht superwählerisch, was seine Rollen angeht. Aber er lag seltsamerweise noch nie richtig daneben. Warum Hauptkommissar Stellbrink? "Der hat eine hohe energetische Frequenz und funktioniert auf hohem Level. Das lässt genügend Raum für Spannung und Spontaneität", sagt Striesow. Mit einer Spontanaktion geht der Fall auch los. Jens Stellbrink schlurft kurz vor Ladenschluss in den Baumarkt, um die nötigsten Dinge für die neue Wohnung zu besorgen. Er hat die Klobürste noch nicht bezahlt, da hat er bereits ein elternloses Mädchen an der Hand, Melinda, das wenig später in einen Überfall verwickelt wird. Striesow packt Melinda kurzentschlossen auf sein Motorrad und flieht mit ihr vor drei bewaffneten Männern. Er kann noch so oft, "Stopp, Polizei" rufen - er wirkt wie ein Spätpubertierender unterwegs zum Angelausflug. "Ich bin gespannt, wie du in richtigen Hosen aussiehst", sagt Hauptkommissarin Lisa Marx (Elisabeth Brück), als sie dem neuen Kollegen schließlich gegenübersteht. Frei übersetzt sagt ihr Gesicht: Was ist denn das für ein Gurkentyp?

Das Hund-und-Katz-Prinzip ist nicht neu, dieser "Tatort" von Hannu Salonen treibt die ungleiche Konstellation auf die Spitze. Er mag auf der Krimiebene von perfiden Drogenschmugglern erzählen, in Erinnerung bleibt einzig Kommissar Jens Stellbrink.

"Tatort: Melinda", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD