Der Journalist Wolfram Weimer über seine Pläne für das Satiremagazin “Pardon“ und “die kalte Konterrevolution in Sachen Humor“.

Hamburg. Es war die Medienmeldung der Woche: Der konservative Publizist Wolfram Weimer, einst Chefredakteur von "Welt" und "Focus" sowie Gründer des Debattenmagazins "Cicero", wird im November das Satiremagazin "Pardon" wieder an den Kiosk bringen. Geplant ist zunächst einmal eine Jubiläumsnummer der 1962 gegründeten und 1984 eingestellten Zeitschrift.

Den künftigen "Pardon"-Verleger zu seinen Plänen für das Blatt zu befragen erwies sich als ungeahnte Herausforderung. Weimer überquert derzeit zusammen mit seinem Sohn die Alpen auf dem Mountainbike. Was den Publizisten keineswegs davon abhielt, unsere Fragen zu beantworten, in der Nacht zum Freitag "mit krampfenden Beinen" in seinem Quartier, wo er "halbtot angekommen" sei.

Inwieweit sich dieser Zustand auf seine Antworten ausgewirkt hat, können wir nur schwer beurteilen. Womöglich sind sie auch der dünnen Höhenluft oder Endorphinen geschuldet, die der Körper bei Extrembelastungen ausschüttet. Vielleicht wollte Weimer aber auch einfach nur sein satirisches Talent unter Beweis stellen.

Hamburger Abendblatt : Herr Weimer, wie viele Kilometer haben Sie gestern geschafft?

Wolfram Weimer : Das waren 86 Kilometer und gefühlte 860 000 Höhenmeter. Mir tut alles weh - Häutungen gibt's auch. Hab mich noch nie so sehr auf den Gardasee gefreut!

Bringt Sie eine solche Extremtour auf neue Ideen? Werden Sie gar als neuer Mensch aus den Alpen zurückkehren?

Weimer: Im Moment bin ich schon froh, wenn ich überhaupt lebend zurückkehre. Und jetzt kommen auch noch Sie!

Womöglich haben Sie sich ja schon vor Antritt Ihrer Tour gehäutet. Dass ein konservativer Publizist wie Sie ein Blatt wie "Pardon" wieder beleben würde, das einst zur Lieblingslektüre der 68er gehörte und eine Zeit lang sogar von "Konkret"-Verleger Hermann Gremliza herausgegeben wurde, ist schon eine Überraschung. Wie kam es dazu?

Weimer: Nachdem ich der Linken mit "Cicero" gemeinerweise das intellektuelle Monopol gestohlen habe, geht's nun um die kalte Konterrevolution in Sachen Humor. Das wäre doch gelacht! Danach mache ich übrigens ein Naturmagazin. Mir sind die Bäume einfach zu links.

Sind Sie sich wirklich ganz sicher, dass Sie von Satiremagazinen genug verstehen, um auf diesem Markt zu reüssieren? Der "Titanic", Ihrem Wettbewerber in spe, attestierten Sie, dass sie "für die 70er-Jahre" stehe. Das ist insofern eine ungewöhnliche Sicht der Dinge, da die Erstausgabe des Blattes erst im November 1979 erschien.

Weimer: Mhm, wo Sie das so sagen, glaube ich: Sie haben recht, das kann nicht gut gehen. Früher war alles besser, und Lachen ist einfach links. Wir lassen es. Humor ist ja auch irgendwie gestrig.

Ist Ihr satirisches Talent von der Öffentlichkeit bisher unterschätzt worden? Oder haben Sie sich in dieser Beziehung bewusst zurückgehalten?

Weimer: Ihnen kann ich es ja verraten: Humor kommt in den besten Familien vor.

Haben Sie selbst eine persönliche Erinnerung an das alte "Pardon"? Wurde das Blatt von Ihren Eltern gelesen? Oder gar von Ihnen? Als es Gremliza 1984 einstellte, waren Sie ja immerhin schon 20 Jahre alt.

Weimer: Ich bitte Sie - "Pardon" lesen, das war doch nur was für absolut Verwegene. Nein, so was Schlimmes hab ich in meiner Jugend nicht gemacht!

Welche Autoren werden für "Pardon" arbeiten? In der Branche werden die bekannten Namen Harald Schmidt, Eckart von Hirschhausen und Hellmuth Karasek gehandelt. Ohne diesen drei Herren zu nahe treten zu wollen: Sie sind schon lange im Geschäft. Dürfen wir uns auch auf junge, unverbrauchte Autoren freuen?

Weimer: Nein: Unsere Autoren sollten schon alle 90 Jahre alt sein. Das gibt der Sache Patina. Ausnahme: ganz große Komödianten wie Sigmar Gabriel, Sepp Blatter oder der Mann im Mond - die dürfen mit Kinderticket rein.

Wie blasphemisch darf das Satiremagazin "Pardon" unter dem Katholiken Weimer sein?

Weimer: Na überhaupt nicht. Wir kommen sonst in die Hölle, zumal das Teufelchen schon unseren Kopf ziert.

Das Teufelchen wollen Sie doch nicht etwa durch den Heiland ersetzen?

Weimer: Jetzt hab ich aber langsam das Gefühl, dass Sie gerne mitmachen würden, Sie Schelm.

Wie groß sind die Aussichten, dass die Jubiläumsausgabe von "Pardon" nicht die letzte ist?

Weimer: Minimal. Wer will schon ein intelligentes Humor-Magazin? Ich bitte Sie!

Warum so kleinmütig?

Weimer: Weil ich es mit Jacob Burckhardt halte: Humor ist die Weisheitsform des heiter resignierten Überwinders.

Welches Medium möchten Sie als Nächstes wach küssen?

Weimer: Das "Neue Deutschland" bräuchte dringend Hilfe!