Die Band um Schorsch Kamerun präsentiert am 14. November im Uebel & Gefährlich ihr neues Album “Die Entstehung der Nacht“.

Hamburg. Dass die Goldenen Zitronen jüngst beim Hafen für die Initiative "NoBNQ" gespielt haben, um sich gegen die Umwandlung, Aufhübschung - neudeutsch Gentrifizierung - der Bernhard-Nocht-Straße und Umgebung auszusprechen, überrascht kaum. Denn das laut artikulierte "Nicht-einverstanden-Sein" gehört seit Jahren zum guten Ton der Hamburger Band um Musiker und Regisseur Schorsch Kamerun.

Anfang der 90er-Jahre etwa, als die ausländerfeindlichen Übergriffe in Hoyerswerda beklatscht wurden, kommentierte die Combo die Bagatellisierung der Vorfälle mit dem Stück "Das bisschen Totschlag". Doch trotz ihrer kritischen Haltung liefert die 1984 gegründete Formation keine platten Protest-Parolen, die sich zur Schwarz-Weiß-Malerei eignen. Auch auf ihrer aktuellen Platte "Die Entstehung der Nacht", die sie am Sonnabend im Uebel & Gefährlich präsentiert, zelebrieren die Herren lieber das Subtile. Dabei sind es nicht nur die großen gesellschaftlichen Beziehungen, die Kamerun in nervöser Spoken-Work-Manier seziert. In dem Opener "Zeitschleifen" zum Beispiel gerät die Enge einer Zweierkiste zum Horror-Soundtrack aus Projektionen, Ängsten und Abhängigkeiten. Der Bogen spannt sich vom abstrakten wirtschaftlichen "Börsencrashen" bis zum sehr konkreten individuellen "Knochenbrechen".

Die Musik ist dabei nicht bloß Wut-Verstärker, nicht bloß "das Grollen der Orgel", sondern entlädt sich zwischen flirrend-futuristischem Sound und jazzigem Freestyle an Gitarren-Groove und -Grobheiten. Die Combo aus Kamerun, Julius Block, Ted Gaier, Enno Palucca, Stephan Rath und Mense Reents tauschte bei früheren Konzerten auch gerne mal die Instrumente durch. Denn es geht darum, Perspektiven zu verschieben, um "Positionen" also, die auch im neuen Videoclip der Zitronen verhandelt und hinterfragt werden. Kamerun geistert da wie ein aus der Zeit gefallener Prediger durch eine City.

In einer Welt, in der die Jagd nach Authentizität mit einem "neuen" Kaugummi-Geschmack gestillt wird, entwerfen die Zitronen die Flucht als Alternative und singen schließlich im Chor: "Wir verlassen die Erde." Aber vorher, da gucken sie noch im Bunker vorbei.

Die Goldenen Zitronen, Station 17 Sa 14.11., 20.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstraße 66, Karten zu 17,25 Euro im Vorverkauf; www.die-goldenen-zitronen.de