Los Angeles. Schon mit ihrem Debütalbum wurde Tracy Chapman 1988 weltberühmt. Aber ein Leben in der Öffentlichkeit lag der US-Musikerin noch nie. Jetzt wird sie 60 und ist zurück im Scheinwerferlicht - auf Dauer?

Stars wie Taylor Swift, Phoebe Bridgers, SZA, Victoria Monét, Miley Cyrus und Billie Eilish bekamen bei den diesjährigen Grammys die meisten und wichtigsten Auszeichnungen - der heimliche Star der Show aber war jemand, der sich eigentlich seit Jahrzehnten aus dem Scheinwerferlicht zurückgezogen hat: Tracy Chapman.

Gemeinsam mit dem Country-Musiker Luke Combs sang Chapman, die am Samstag (30. März) 60 Jahre alt wird, bei der Gala Anfang Februar seine Cover-Version ihres 1988 veröffentlichten Hits „Fast Car“.

Schon vor Beginn des Auftritts jubelte das Publikum, was die schlicht in Schwarz gekleidete und mit Gitarre auf die Bühne gekommene Chapman kurz über das ganze Gesicht strahlen ließ. Während des Songs fing die Kamera auch immer wieder kurz das Publikum ein und zeigte unter anderem, wie Superstar Swift begeistert mitsang.

Wo war die Musikerin so lange?

Nach dem Auftritt kletterten „Fast Car“ und das Album „Tracy Chapman“, auf dem der Song ursprünglich veröffentlicht worden war, die Download- und Streaming-Charts hinauf, während in den sozialen Medien eifrigst diskutiert wurde: Einige Menschen hatten zum ersten Mal von Chapman gehört, andere sie begeistert wiederentdeckt und viele fragten schlicht: Wo war die Musikerin so lange?

Nach „Tracy Chapman“ hatte die 1964 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio geborene und vielfach ausgezeichnete Musikerin noch sieben weitere Alben veröffentlicht, das bislang letzte 2008. Ein Jahr später ging sie zum bislang letzten Mal auf Tour, in Europa. Danach zeigte sie sich nur noch sehr selten in der Öffentlichkeit, etwa 2012 bei einer Gala des Kennedy Center in Washington oder 2014 beim Sundance Film Festival. 2020 kam sie in die Late Night Show von US-Moderator Seth Meyers, spielte ihren Song „Talkin' 'Bout a Revolution“ und forderte die Menschen in den USA dazu auf, ihre Stimme bei der Präsidentschaftswahl abzugeben.

„In der Öffentlichkeit zu sein und im Scheinwerferlicht - das war und ist immer noch unangenehm für mich“, sagte Chapman in einem ihrer äußerst seltenen Interviews 2015 der „Irish Times“. „Ich bin ein bisschen schüchtern.“ Über das Privatleben der Musikerin ist dementsprechend praktisch nichts bekannt. Nach der Scheidung ihrer Eltern soll Chapman bei ihrer Mutter aufgewachsen sein, habe nach der Schule Anthropologie in der Nähe von Boston studiert und dann erste Demo-Aufnahmen gemacht, bis sie schließlich einen Plattenvertrag bekommen habe, heißt es in Medienberichten. Heutzutage lebe sie demnach - extrem zurückgezogen - in San Francisco an der US-Westküste.

Überraschend in den Country-Charts

Zurück ins Scheinwerferlicht gebracht hat sie nun aber der Country-Musiker Combs, dessen nicht ganz unumstrittenes Cover von „Fast Car“ im vergangenen Jahr die Charts eroberte. „Ich hätte nie erwartet, mich in den Country-Charts wiederzufinden, aber ich fühle mich geehrt, dort zu sein“, sagte Chapman damals dem Magazin „Billboard“. „Ich freue mich für Luke und seinen Erfolg und bin dankbar, dass neue Fans „Fast Car“ gefunden und liebgewonnen haben.“

Rund 35 Jahre nach der Veröffentlichung bekam Chapman so zudem noch einen Preis für den Song, der auch im Original schon mehrere Auszeichnungen bekommen hatte - in der Kategorie „Song des Jahres“ bei den Country Music Awards. Zu der Gala erschien Chapman allerdings nicht. „Es tut mir leid, dass ich heute Abend nicht bei euch sein kann“, entschuldigte sie sich per Mitteilung. „Es ist wirklich eine Ehre für meinen Song, dass er 35 Jahre nach seiner Veröffentlichung erneut Anerkennung bekommt.“

Nach dem Grammy-Überraschungserfolg wünschen sich nun viele alte und neue Fans auf der ganzen Welt, wieder mehr von Chapman zu sehen und zu hören. Das sei aber keinesfalls gesichert, sagte der Programmdirektor der New Yorker Radiostation WFUV, Rich McLaughlin, kürzlich der „New York Times“. „Tracy Chapman ist eine Künstlerin, die ihrer Muse folgt, nicht der Nachfrage des Marktes. Wenn ihre Entscheidungen nur auf Nachfrage basieren würden, dann wäre sie schon vor Jahren wieder auf Tournee gegangen.“