Keine Spur von Altersmüdigkeit: Dolly Parton zeigt auf ihrem neuen Album “Pure&Simple“, dass sie immer noch die Königin der Country-Musik ist.

München (dpa) – "Pure&Simple" benennt die amerikanische Country-Ikone Dolly Parton ihr neues Doppelalbum. "Rein und einfach". Zwei Attribute, die nicht so recht zu der 70-jährigen Künstlerin passen wollen.

Schließlich ist die in ärmlichen Verhältnissen in den Smoky Mountains von Tennessee aufgewachsene Sängerin für ihre zahlreichen Schönheitsoperationen fast genau so berühmt wie für ihre vielen Hits. Doch Dolly Parton sitzt der Schalk im Nacken. Seit jeher geht sie offensiv mit ihren Brust- und Lippen-OPs um, legendär ist ihr Zitat, dass es sie eine schöne Stange Geld gekostet habe, "so billig auszusehen".

Auf dem Cover ihres neuen Werks posiert sie nun also artig vor einem kleinen Bach, ganz in Weiß gekleidet, eine Akustikgitarre haltend. Auf der Coverrückseite lächelt sie mit einem makellos faltenfreien Gesicht. Andererseits: Dolly Parton ist als Gesamtkunstwerk auch ein weiblicher Dorian Gray und damit so zeit- wie alterslos. Das gilt auch für ihre Musik – was ihr Werk "Pure&Simple" unterstreicht.

Auf der ersten CD des Doppelalbums präsentiert die achtfache Grammy-Gewinnerin zehn Titel plus zwei Bonustracks. Alle Songs stammen aus ihrer Feder, die meisten hat sie in diesem Jahr geschrieben. Dabei gelingt ihr das Kunststück, einerseits typisch eingängige Dolly-Parton-Musik zu machen – und gleichzeitig modern und zeitgemäß zu klingen.

Schon der Aufmacher der CD, der Titelsong, verströmt im gemütlichen Rhythmus jenes tiefenentspannte Country-Gefühl, wie es wohl nur die kleine Frau aus Tennessee hinbekommt. Dass sie nichts von ihrem glücklichen Händchen für eingängige Melodien eingebüßt hat, belegen das fabelhafte, modern klingende und ganz im Country-Pop angelegte "Never Not Love You", die wunderbar emotionale Country-Gospel-Ballade "Can’t Be That Wrong" und das mit sensiblen Streichern ausgestattete Kammerstück "Forever Love".

Mit "Say Forever You’ll Be Mine" und "Tomorrow Is Forever" hat sie zwei Titel aus den Frühtagen ihrer Karriere neu vertont – zwei Songs, die sie einst im Duett mit ihrem frühen Förderer und Kollegen Porter Waggoner aufnahm.

Man könnte glatt meinen, dass auch ihre Stimmbänder ein regelmäßiges Lifting abbekommen. Denn die Mit-Inhaberin des in Pigeon Forge, Tennessee, angesiedelten Themenparks "Dollywood" klingt auch auf den neuen Songs erstaunlich jung, frisch und voller Elan. Nur beim Bonustrack "Mama" glaubt man, eine nicht mehr ganz junge Frau zu hören.

Dass sich traditionelle Musikformen wie Country und Bluegrass gerade wieder steigender Beliebtheit erfreuen, kommt für Dolly Parton nicht überraschend, wie sie im Interview betonte: "Die Leute mögen diese Einfachheit, diese Reinheit von dieser Musikrichtung." Sie sei bodenständig, komme mit akustischen Instrumenten aus. Man könne bei dieser Musik runterkommen und sich prima entspannen. "Vielleicht ist es ja so: Unsere Welt wird immer schneller, lauter und komplizierter. Damit wächst die Sehnsucht nach einem simplen, bodenständigen Gegenpol."

Die zweite CD des Tonträger-Doppelpacks, programmatisch mit "The Hits" überschrieben, bietet zehn Titel, die größtenteils in den 70er Jahren die Charts stürmten: Die unverwüstlichen Stimmungskanonen "Jolene" und "9 to 5", das von den Bee Gees komponierte und gemeinsam mit Kenny Rogers geschmachtete "Islands In The Storm" und – als musikalische Kuriosität – die auf Bluegrass getrimmte Coverversion des Beatles-Klassikers "Help".

Die Jahrhundert-Ballade "I Will Always Love You", mit der Whitney Houston 1992 Musikgeschichte schrieb, beendet den Hit-Reigen. Ein Fingerzeig: Denn auch dieser Meilenstein der Musikgeschichte stammt – wie weitere rund 5 000 Songs – aus der Feder der 1,52 Meter großen Musik-Gigantin aus Tennessee.