Mit der Uraufführung von “Die Griechen“ feiert Volker Braun, einer der wichtigsten DDR-Dramatiker, seine Rückkehr ans Theater. In der Parabel geht es um Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Demokratie.

Berlin (dpa) – Premiere für Volker Braun (77) am Berliner Ensemble: Am Freitagabend feierte der Autor mit dem Stück "Die Griechen" sein Theater-Comeback. In dem geistreichen Lehrstück setzt er sich kritisch mit der Schuldenkrise in Griechenland auseinander.

In Monologen und chorischen Sprechgesängen lässt Braun Ereignisse der griechischen Staatskrise der vergangenen Jahre Revue passieren. Höhepunkte der Polit-Parabel sind Auftritte von realen Personen, wie dem ehemaligen griechischen Ministerpräsidenten Giorgos A. Papandreou und Finanzminister Yanis Varoufakis. Ihren oft hohl klingenden Phrasen stellt er die Nöte einfacher Leute gegenüber, symbolisiert von einem Heer arbeitsloser Putzfrauen.

Effektvoll nutzt Braun Formen der antiken Tragödie, spielt dabei insbesondere auf "Die Perser" von Aischylos aus dem Jahr 427 vor Christus an, die älteste erhaltene griechische Tragödie. Aus bekannten Politfloskeln werden bissige Pointen. So spricht er beispielsweise von den "Erzwungenschaften des vermeinten Europa".

Regisseur Manfred Karge (78) setzt in seiner Inszenierung ganz aufs Wort. Das kleine Podest, auf dem unmittelbar vor den Zuschauern gespielt wird, ist in Weiß gehüllt. Einige Stühle und ein Tisch markieren Räume. Alles wirkt dezent. Die Schauspieler geben der Aufführung mit scharf gesetzten Worten und exakter Körpersprache Profil. Das wirkt im ersten Moment schlicht, ist aber raffiniert choreographiert.

Spielstätte ist die Probebühne des Berliner Ensembles. Als Zuschauer ist man dank der Enge des Raumes immer dicht am Geschehen. Das entspricht Brauns offenkundigem Wunsch, das Publikum zum Nachdenken über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Demokratie zu bringen. Dabei wird er sehr deutlich, wenn es heißt: "Ihr habt keine Wahl, also wählt!"

Braun belässt es nicht bei simpler Politikerschelte nach dem Motto "Die da oben". Der Text zeigt deutlich, wie sehr etwa die von der Konsumgesellschaft entfachte Gier jedes Einzelnen der Demokratie schaden kann. Dazu nutzt er neben wirklich bissigem Witz gelegentlich auch Kalauer, wie "Kein Heller für Hellas". Da wird es dann ab und an doch etwas zu vordergründig. Insgesamt aber besticht der Abend mit ausgefeilter gedanklicher Schärfe.

Theatererfolge wie "Großer Frieden" und "Die Übergangsgesellschaft", Lyrik und Prosa hatten Braun zu einem der der bekanntesten und einflussreichsten Autoren der DDR gemacht. Sein Auftreten gegen den Einmarsch in Prag 1968 und gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns 1976 brachte ihm das Misstrauen des SED-Regimes ein. Jahrelang wurde er intensiv von der Staatssicherheit überwacht.

Nach dem Fall der Mauer verschwanden seine Stücke weitgehend von den deutschsprachigen Bühnen. Mit "Die Griechen" meldet sich Braun kraftvoll zurück. Claus Peymann (79), der als Intendant des Berliner Ensembles jetzt seine letzte Spielzeit begonnen hat, kann mit dem Stück einlösen, was er 1999 zu Beginn seiner Intendanz in Berlin vollmundig als das entscheidende Ziel seiner Arbeit bezeichnet hat: "Wir wollen ein Stachel im Arsch der Mächtigen sein."