Mit einer drei Choreografien umfassenden “Hommage aux Balletts Russes“ beginnen am 28. Juni die 35. Hamburger Ballett-Tage in der Staatsoper

Hamburg. Das waren noch Zeiten, als es ein Ballett schaffte, die Aufführungsstätte ins Chaos zu stürzen und an sich kultivierte Besucher zu aufeinander einprügelnden Todfeinden zu machen: Am 29. Mai 1913 fand die Schlacht während der Uraufführung von "Le Sacre du Printemps" im Pariser Théatre des Champs-Elysées statt, über die Augenzeugen von Boxhieben, Duellforderungen, wüsten Beleidigungen und Pöbeleien berichteten. Die Theaterwelt hatte damals ihren größten Skandal - und drei noch heute unangefochtene Sieger, die "erregt, zornig, angeekelt - und glücklich" den Kriegsschauplatz verließen: Igor Strawinsky als Komponist, Vaslaw Nijinsky als Choreograf und der Ermöglicher dieses Balletts, den Impresario der Ballets Russes, Sergej Diaghilew.

Wenn am 28. Juni die 35. Hamburger Ballett-Tage (bis 12. Juli) in der Staatsoper mit der Rekonstruktion dieses Werks als "Hommage aux Ballets Russes" zu deren 100. Geburtstag eröffnet werden, dann überkommt den Zuschauer vielleicht eine Ahnung, warum dieser grandiose, archaisch wirkende Opferritus Empörung auslöste: Zu fremdartig waren die getanzten Bewegungen, zu brutal die rhythmisch vertrackte Musik. Heute sind wir fasziniert und bewegt von diesem Ballett, das entschieden half, das Fenster zur Moderne aufzustoßen.

Von ganz anderem Geist dagegen ist das Zauberballett des russischen Choreografen Michail Fokine, "Le Pavillon d'Armide", das beim ersten Auftritt der legendären Ballets Russes in Paris am 19. Mai 1909 für Furore sorgte, zumal hier das Genie des Jahrhunderttänzers Vaslaw Nijinsky erstmals bestaunt werden konnte. Auch dieses inzwischen vergessene Meisterwerk ist zur Eröffnung der Ballett-Tage zu sehen, allerdings in einer choreografischen Neudeutung von John Neumeier. Als drittes Werk ergänzt das Programm das letzte Ballett, das für die Ballets Russes geschaffen wurde - "Der verlorene Sohn" - bevor diese nach 20-jährigem finanziellen Kampf, künstlerischen Triumphzügen und dem Tod des Gründers Diaghilew 1929 aufgelöst wurden. George Balanchine war der Choreograf des biblischen Stoffes, den Sergej Prokofjew vertonte. Ein Werk, das uns stark vor Augen führt, wofür die Ballets Russes standen: die Einheit von Choreografie, Musik, Bühnenbild und Kostümen als Gesamtkunstwerk.

Hommage aux Ballets Russes Prem. So 28.6., 18.00 (A), Di 30.6., 19.30 (B), Staatsoper (U Stephanspl.), Gr. Theaterstr. 25, Restkarten: Tageskasse; www.hamburgische-staatsoper.de