Nur klein war die Menge, aber großartig das Konzert von Olivia Pedroli. Mit ihrer Band entwarf sie einen beeindruckend verwebten Klangzauber.

Hamburg. Der Barmann im Stage Club will sich am Dienstag wohl wie das erste Opfer in "Der weiße Hai" fühlen: Jeder im Saal weiß, dass er da etwas sehr Dummes tut, und alle hassen ihn dafür. Denn während die Schweizer Sängerin Olivia Pedroli gerade vorne auf der Bühne tanzt, kommt von hinten - innerhalb nur eines Songs - Gläserklirren, Flaschenbodenklopfen, Cocktailschütteln, Geschirrklappern.

Aber mit etwas Fantasie fügt sich auch der auffällige Theken-Krach in die "Field Recordings", in die von Pedrolis Computermaschinisten Nicolas Bamberger eingestreuten Flugzeuge und Zwitschervögel ein - nur einige der Details in einem beeindruckend verwebten Klangzauber, den Pedroli, Bamberger, Hornist Denis Corboz, Pianist Stephane Blok und Jean-François Assy am Cello 90 Minuten lang entwerfen.

Da ist die schwermütige, für ein Konzert eigentlich eher unpassende Ouvertüre mit der von singenden Sägen und Streichern zerkratzten, über wenige Klavierakkorde gleitenden "Silent Emily", die den Besuchern gleich klarmacht, dass an diesem Abend kein Radio-Lutscherpop geboten wird. Im totalen Kontrast dazu tänzelt das verspielte "The Day" aus der Soundanlage wie ein Mädchen mit wehenden Röcken um den Maibaum. Mit jedem Lied, mit in die Magengrube fahrenden Trommeln von "You Caught Me", den filigranen Gitarrenzupfern von "A Path" oder dem Drama von "Raise Erase" wächst das Erstaunen. Was für ein Mut, was für eine Stimme, welch Vielseitigkeit.

Nicht nur Olivia Pedroli geht, eher flüsternd Geister beschwörend denn zum Publikum sprechend, völlig in ihrer geschaffenen Welt auf. Man sinkt in das Lounge-Leder des Stage Clubs und fragt sich, wie es die fünf Musiker schaffen, die orchestrale Opulenz des aktuellen Albums "The Den" kompakter und doch tiefgründiger wiederzugeben. Besonders "I Play" und "House" bekommen live die Macht jener Schönheit, die begeistert und zugleich einschüchtert.

Klein ist die Menge, die Zeuge dieses besonderen Auftritts wird: Lächerliche 51 zahlende Gäste werden gezählt. Die aber spenden immer länger werdenden Beifall, bis "The Den" komplett durchgespielt ist. Und doch folgen noch das Nirvana-Cover (!) "Something In The Way", ein Duett mit dem tollen kanadischen Toursupport Mark Berube und die starken, noch unveröffentlichten Songs "From Body To Heart" und "Birds". So gehen echte Zugaben.