Die 49-jährige Kirsten Baumann, Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg, tritt aus Protest gegen einen SPD-Vorstoß zurück.

Hamburg. Die Krise der Stiftung Historische Museen hat sich gestern erheblich zugespitzt: Kirsten Baumann wird ihr Amt als Alleinvorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg zum Jahresende niederlegen. Das gab sie am Nachmittag auf einer Mitarbeiter-Versammlung im Museum für Hamburgische Geschichte bekannt. Ihre Funktion als Direktorin des Museums der Arbeit, an dessen Spitz sie seit Frühjahr 2009 steht, bleibe jedoch davon unberührt. Als Grund für die Entscheidung nannte die 47 Jahre alte Historikerin und Kunsthistorikerin den von der SPD-Fraktion eingereichten und von der Kulturbehörde begrüßten Antrag zur "Fortentwicklung der Stiftung Historische Museen Hamburg".

Er sieht unter anderem eine Herauslösung des Helms-Museums und des Museums für Bergedorf und die Vierlande sowie des Rieck-Hauses aus der Stiftung vor, die dann nur noch aus dem Museum für Hamburgische Geschichte, dem Altonaer Museum und dem Museum der Arbeit sowie deren Außenstellen bestünde.

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Das widerspricht dem Konzept zur Weiterentwicklung der Stiftung Historische Museen, das Kirsten Baumann im Auftrag der Kulturbehörde bis Juni dieses Jahres erarbeitet hatte und das erst am Dienstag letzter Woche im Kulturausschuss der Bürgerschaft beraten worden war. Bei dieser Sitzung hatte sich auch Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) dafür ausgesprochen, die Stiftung mit ihren vier Haupthäusern zu erhalten. Völlig überraschend machte sich die Kulturbehörde nur zwei Tage später den Antrag der SPD-Fraktion zu eigen.

Das Herauslösen von Standorten aus dem Verbund hält Baumann aus inhaltlicher, organisatorischer und finanzieller Sicht nicht für sinnvoll. "Diese Herauslösung ist in meinen Augen der Anfang vom Ende der Stiftung Historische Museen Hamburg. Wenn der Antrag in dieser Form beschlossen wird, wäre die Konsequenz die sofortige Auflösung der Stiftung; dies war möglicherweise von vornherein das Ziel der SPD."

Die Stiftung Historische Museen war auf Empfehlung einer von der damaligen Kultursenatorin Karin von Welck eingesetzten Expertenkommission mit Wirkung zum 1. Januar 2008 gegen den Willen der SPD-Fraktion durchgesetzt worden.

Die Stiftung hatte aber weder in struktureller noch in inhaltlicher oder gar finanzieller Hinsicht die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Die teils wirklichkeitsfernen Empfehlungen und Einschätzungen auswärtiger Museumsleute und die Halbherzigkeit der von der Behörde vorgenommenen Entscheidungen sorgten auch unter den Mitarbeitern vielfach für Missstimmung. Währenddessen erreichte die Krise unter der von dem damaligen Kultursenator Reinhard Stuth (CDU) vor etwa einem Jahr verfügten, dann aber wieder zurückgenommenen Schließung des Altonaer Museums ihren Höhepunkt. In dieser Situation hatte Kirsten Baumann, die am 15. November 2010 als Alleinvorstand an die Spitze der Stiftung trat, die Aufgabe übernommen, eine tragfähige Perspektive für den Viererverbund zu entwickeln.

Dieses Konzept, das Kultursenatorin Kisseler noch vor einer Woche als "gute Grundlage für die weitere Arbeit" bezeichnet hatte, ist jetzt weitgehend Makulatur. Auf der Mitarbeiterversammlung am Nachmittag war die Stimmung recht verhalten. Unter den knapp 100 anwesenden Museumsmitarbeitern gab es sowohl Befürworter als auch Gegner der Gesamtstiftung. Einhellige Kritik wurde nach Abendblatt-Informationen am Umgang der Kulturbehörde mit der Stiftungsleitung geübt, die von der Zustimmung der Senatorin zum SPD-Antrag erst aus den Medien erfahren hatte. Baumanns Entscheidung, den Stiftungsvorstand niederzulegen, nahmen ihre Mitarbeiter mit Verständnis und Respekt auf. Völlige Ungewissheit herrschte vor allem über die finanziellen Konsequenzen einer möglichen Stiftungsauflösung. Geschäftsführer Helmut Sander meinte, ein solcher Schritt sei mit erheblichem verwaltungstechnischem und buchhalterischem Aufwand verbunden.

Nach Meinung von Kirsten Baumann ist die Angelegenheit jedoch bereits entschieden. Sie sagte dem Abendblatt: "Ich nehme den Antrag der SPD sehr ernst und muss davon ausgehen, dass er auch umgesetzt wird." Die Rahmenbedingungen und Perspektiven für die historischen Museen würden sich damit jedoch nicht verbessern, sondern für eine verkleinerte Stiftung eher verschlechtern. "Unter diesen Bedingungen halte ich meine weitere Tätigkeit als Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg für sinnlos."