Ein Kommentar von Katja Engler

Üblicherweise sind Debütanten von einem Frische-Hauch umflort, egal in welchem Feld sie unterwegs sind. Jung, unverbraucht, unentdeckte Talente, etwa auf dem nach Neuem lechzenden Literaturmarkt. Oft werden Autorenpreise nach diesem Prinzip vergeben, und das ist ja zunächst mal richtig, denn junge, unbekannte Schriftsteller sind auf solche, mit Geldgaben verbundenen Auszeichnungen dringend angewiesen. Andernfalls verbrennen sie womöglich ihr Talent in den zeitfressenden Nebenjobs, die sie machen müssen, um die Miete zahlen zu können.

Es kommt aber auch vor, dass ältere, um nicht zu sagen alte Debütanten Preise bekommen, wie jetzt Regina Scheer den Mara-Cassens-Preis. Sie ist 1950 geboren.

Das mag zunächst verwundern, doch für die Vergabe von Preisen gibt es zum Glück keine Altersgrenzen. Jeder Mensch hat das Recht, im Leben zum zweiten oder dritten Mal von vorn anzufangen, sich zu häuten, zu wandeln oder einfach weiterzuentwickeln. Regina Scheer ist so ein Fall. Und weil die Jury des Mara-Cassens-Preises nach Qualität entscheidet, ist das eine gute Wahl. Eine Frau, die sich schon lange durchs Leben schlägt, schreibt wahrscheinlich anders als eine 25-Jährige. Der angesehene Büchner-Preis wird übrigens oft an schon lange Schreibende vergeben. Die meisten von ihnen sind älter. Warum auch nicht?