Eine Klatsche von Heinrich Oehmsen

„Bitte klatscht in den nächsten drei Minuten und 40 Sekunden nicht“, bittet James Blunt sein Publikum in der O2 World. Doch sein Wunsch verhallt. Taubheit seiner Fans? Ignoranz? Mangelnde Englischkenntnisse? Viermal muss er ansetzen, bis er endlich „I Really Want You“ singen kann, ohne dass stumpfes Geklatsche von den Rängen die Zartheit dieses Liebesliedes zerstören würde. Das Konzert des britischen Singer/Songwriters ist eine einzige Klatschorgie – ein Trend, der bei Popkonzerten immer stärker zu werden scheint. Deutsches Publikum klatscht gern – und immer falsch. Jeder 5/8-Rhythmus wird gnadenlos zu einem 4/4 begradigt, jede Synkope wird konsequent ignoriert, wie vor ein paar Wochen bei einem Gregory-Porter-Konzert erlebt – was bleibt, ist rhythmisches Analphabetentum. Diese euphorisierten Fans merken gar nicht, dass sie den Vortrag des jeweiligen Künstlers zerstören. Wer die Nuancen eines Stücks in einem Konzert hören möchte und sich wirklich auf die Musik einlassen möchte, kann getrost zu Hause bleiben – die Stimmungsmacher in den Arenen machen jeden Hörgenuss schon im Ansatz zunichte.

In Kinos, Theatern und bei Klassik-Konzerten herrscht Handyverbot, um das Geschehen auf Leinwand oder Bühne nicht zu stören. Zu Recht. Für Popkonzerte sollte aus demselben Grund ein Mitklatschverbot verhängt werden. Jubeln können die Fans am Ende jedes Songs und sich die Hände blutig klatschen – aber bitte nur dann.