Stig Andersen ist Held von Beruf. Der 63-Jährige mit dem wettergegerbten Teint ist aber nicht etwa Polizist, Feuerwehrmann oder Soldat, sondern Tenor. Genauer: Wagnertenor. Von London bis Tokio, von Helsinki bis Buenos Aires schlüpft er in die Haut der wagnerschen Recken, heute Abend gibt er in der Hamburgischen Staatsoper den Tristan aus "Tristan und Isolde". Deshalb war er schon in der Stadt, als er am Sonntagmittag einen Anruf bekam: Dem Kollegen Burkhard Fritz gehe es nicht gut - ob Andersen sich vorstellen könne, einzuspringen und die Titelpartie im "Lohengrin" zu singen? Dass er dann für den dritten Akt tatsächlich hereingerufen wurde, löste bei dem wagnergeprüften Andersen nur mittleres Herzklopfen aus. "Ich konnte ja mit Noten singen", sagt er mit seinem kehligen dänischen Akzent und lacht ein für einen Tenor erstaunlich sonores Lachen. "Burkhard hat selbst gespielt."

Natürlich hat Andersen auch andere Opernrollen im Repertoire. Aber sein Lieblingskomponist ist Wagner: "Das ist nicht zu vermeiden, wenn man so viel Zeit mit ihm verbringt."

Seit seine vier Kinder aus dem Haus sind, hat Andersen wieder mehr Zeit, zu kochen, in seinem Garten außerhalb von Kopenhagen zu buddeln oder Pilze zu sammeln. Nur mit dem Sport ist es nicht so weit her. "Das könnte besser organisiert sein", sagt er und lacht. Wenigstens seine Lungen sind gut im Training. Helden brauchen das.