Benjamin Biolay entdeckt auf seinem aktuellen Album “Vengeance“ den britischen New Wave - zu erleben am 23. Februar im Mojo Club.

Benjamin Biolay gibt sich alle Mühe, den Vorstellungen eines Gainsbourg-Nachfolgers, Provokateurs und Bohemiens zu entsprechen. Zu Gesprächen erscheint er meist übernächtigt, sonnenbebrillt, wortkarg und sich an schwarzem Kaffee und einer Filterlosen festhaltend. Rausch und durchgefeierte Nächte haben ihre Spuren im verhangenden Blick seines Gesichts hinterlassen.

Für den lang ersehnten Auftritt des Mannes, der allen persönlichen Leugnungen zum Trotz weiterhin als Erneuerer des stilvollen französischen Chansons gilt, könnte es wohl keinen besseren Ort geben als den neu eröffneten Mojo Club. Hier gastiert BB, wie er in seiner Heimat liebevoll tituliert wird, am 23. Februar.

Auf seinem aktuellen Album "Vengeance", Nachfolger seines bislang erfolgreichsten Machwerkes "La Superbe" vor drei Jahren, nimmt er diesmal musikalisch Rache. Von hauchenden Diseusen und sanft-rosigen Klängen ist da nichts zu hören. Stattdessen brettert es rockbeseelt los, ruft mal den Geist des guten alten Wave Marke New Order ("L'insigne honneur") an, mal beschwört es aktuelle Spielarten raffinierter Elektronik. Dabei immer ganz BB, rau, wütend und gleichzeitig tausend Tränen tief. Da möge noch einer behaupten, Franzosen verstünden sich nicht auf Gitarren und könnten bei der vom angloamerikanischen Raum besetzten Lücke der intenationalen Rockmusik nicht mitreden.

In seiner Heimat gilt Biolay als Nationalheiligtum, wenn auch als wackeliges. Auf der einen Seite würdigt man ihn als Volkssänger und kompositorischen Renovierer des angestaubten Chanson-Genres, dekorierte ihn gar mit dem Titel "Officier des Arts et Lettres". Darüber hinaus delektiert man sich an privaten Geschichten, der gescheiterten Ehe mit Deneuve-Tochter Chiara Mastroianni, der angeblichen Affäre mit Carla Bruni und der vermeintlichen Trösterrolle beim begehrten Neu-Single Vanessa Paradis.

Die darf in dem gehauchten Duett "Profite" auf "Vengeance" glänzen. Er liebe es, wie sie mit zarter Stimme diese vulgären Zeilen singe, so Biolay. Seit er mit dem Erstling "Rose Kennedy" 2001 einen orchestralen Pop-Klassiker hingelegt hat, schätzen viele Künstler seine Arrangeur-Qualitäten, die er beim Studium der Tuba und Violine auf dem Konservatorium in Lyon auch fundiert erworben hat. Er schrieb bereits Songs für Henri Salvador, Juliette Greco und Françoise Hardy und verhalf ihnen damit zu einer Renaissance.

Biolay gilt als begnadeter Songschreiber, aber als eher lustloser Performer. Auf seinem Album überlässt er gerne anderen das Mikrofon. Neben Paradis ist Rapper Orelsan auf "Ne regrette rien" zu hören. Als weiteren Beleg für den britisch-französischen Brückenschlag darf auch Ex-Libertins-Gitarrist Carl Barat den Titelsong auf Englisch mit französischem Akzent zum Besten geben. Aber vielleicht überrascht Biolay uns am 23. Februar alle mit einem furiosen Konzert.

Benjamin Biolay Sa 23.2., 20.00, Mojo Club (U St. Pauli), Reeperbahn 1, Karten zu 28,50 im Vvk.; www.benjaminbiolay.com