Der Chansonnier Benjamin Biolay verlegt sich auf Wave

Der Hofbarde der Sozialisten nimmt musikalische Rache. Mit "Vengeance" legt der französische Neo-Chansonnier Benjamin Biolay ein furioses neues Album hin. Mit Anleihen beim Rock, sogar beim guten alten Wave, aber auch raffinierter Elektronik. Kraftvoll und wütend klingt das und gleichzeitig tausend Tränen tief. Da soll einer behaupten, Franzosen verstünden sich nicht auf das Gitarrenspiel.

In seiner Heimat gilt er als umstrittenes Nationalheiligtum. Einerseits Volkssänger und anerkannter kompositorischer Erneuerer des angestaubten Chanson-Genres, dekoriert mit dem Titel "Officier des Arts et Lettres". Anderereits mythenumrankte Gainsbourg-Inkarnation mit der Erscheinung eines Alain Delon, konsequent verhangenem Blick und Hang zu langen Nächten. Ein notorisch schlecht gelaunter Rebell.

Schmeichelhafterweise wurde ihm zuletzt gar eine Affäre mit der singenden Gattin des französischen Ex-Präsidenten, Clara Bruni, und eine Trösterrolle bei Vanessa Paradis angedichtet. Die darf in dem gehauchten Duett "Profite" auf "Vengeance" glänzen. Biolay liebt Kollaborationen. Er hat Größen wie Henri Salvador und Francoise Hardy in die Postmoderne hinübergerettet. Auf seinen Solo-CDs huldigt er rauchumwaberter Düsternis und Melodie gewordenem Schmerz, seit er mit dem furiosen Erstling "Rose Kennedy" 2001 ein formvollendetes, orchestral arrangiertes Werk verfasst hat. Schließlich hat Biolay sein musikalisches Handwerk samt Abschluss in Tuba und Violine auf dem Konservatorium in Lyon gelernt.

Neben Paradis darf Orelsan, ein Rapper aus der Normandie, in "Ne regrette rien" allerlei Ärgernissen Luft machen. Die kindhafte Julia Stone versüßt "Confettis". Und Ex-Libertins-Gitarrist Carl Barat singt im Titelsong entzückend Englisch mit französischem Akzent. Sie werden beim Live-Auftritt im Mojo fehlen. Aber BB schafft es auch alleine.

Benjamin Biolay 23.2., 20.00, Mojo, Karten zu 35,- unter T. 413 22 60 oder 30 30 98 98