Ang Lees Verfilmung von Yann Martels Roman erzählt die fantastische Geschichte einer Odyssee mit Raubtier. Ein Augenschmaus in 3-D.

Ein Autor (Rafe Spall) stößt auf der Suche nach einer guten Geschichte auf einen Mann mit einem absurd klingenden Namen. Piscine Molitor Patel (als Teenager Suraj Sharma, später Irrfan Khan) ist von seinen Eltern nach einem Schwimmbad benannt worden. Pi, wie er gerufen wird, hat ein unglaubliches Abenteuer erlebt. Der spirituell vielseitig interessierte. Mann wächst zunächst als Hindu auf, identifiziert sich dann mit dem Christentum und schließlich auch noch mit dem Islam. Seine Eltern unterhalten in den 70er-Jahren im indischen Pondicherry einen kleinen Privatzoo. Mit Tieren kennt Pi sich deshalb aus, glaubt er. Besonders hat es dem Jungen der Bengal-Tiger angetan, der auf den Namen Richard Parker hört. Aber sein Vater weist ihn zurecht: "Der Tiger ist nicht dein Freund. Tiere denken nicht wie wir. Menschen, die das vergessen, werden getötet."

Kurz danach will die Familie mit den Tieren nach Kanada auswandern, aber das Schiff gerät in ein Unwetter und sinkt. Pi kann schwimmend ein Rettungsboot erreichen, in dem allerdings schon einige Tiere warten. Unter anderen Richard Parker. Bald sind sie nur noch zu zweit dem offenen Meer ausgesetzt. Eine Odyssee voller Gefahren und Begegnungen mit den Meeresbewohnern beginnt. Für Pi wird es seine Charakterschule.

Der Roman des Kanadiers Yann Martel "Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger" erschien 2001 und war enorm erfolgreich, wurde in 42 Sprachen übersetzt und galt lange als unverfilmbar. Trotzdem kaufte Elizabeth Gabler, Studiochefin von Fox 2000 Pictures, vor zehn Jahren die Rechte. Vor vier Jahren bekundete Ang Lee Interesse an dem Projekt. Der äußerst vielseitige Regisseur, der über das Familiendrama, den Kostümfilm, Western bis hin zum Martial-Arts-Drama in fast allen Sätteln gerecht wird, hat aus der vielschichtigen Geschichte, die sich sowohl als Abenteuer als auch als spirituelle Sinnsuche lesen lässt, ein bildgewaltiges Kinoerlebnis gemacht. Der in 3-D gedrehte Film bietet ein Feuerwerk von gefährlichen Situationen und visuellen Ereignissen von großer Schönheit. Irrfan Khan stemmt den Mittelteil des Films fast allein, denn sein "Gegenspieler" Richard Parker ist größtenteils und verblüffend lebensecht computeranimiert. Dabei achtet Lee darauf, das Tier nicht zu vermenschlichen. Die Rahmenhandlung, in der Gérard Depardieu einen Gastauftritt als Koch hat, kann mit den Seeszenen nicht mithalten.

Bewertung: empfehlenswert

"Life of Pi - Schiffbruch mit Tiger" USA 2012, 125 Min., ab 12 J., R: Ang Lee, D: Irrfan Khan, Suraj Sharma, Rafe Spall, Gérard Depardieu, im Abaton, Hansa-Filmstudio, Koralle, Passage, Streit's (OF), Studio-Kino, Zeise, in den Cinemaxx- und UCI-Kinos; www.lifeofpimovie.com