Regisseurin Cate Shortland über ihr Nachkriegsdrama “Lore“ und ihr Verhältnis zu Deutschland

Die australische Regisseurin Cate Shortland nimmt in der deutsch-australischen Gemeinschaftsproduktion "Lore" die Kinder der Nazi-Verbrecher in den Blick.

Hamburger Abendblatt: Sie haben gesagt, Sie wollten eigentlich gar keine Filme mehr drehen, obwohl Ihr Debüt "Somersault" vor acht Jahren erfolgreich war. Warum wollten Sie nicht mehr, und was hat Ihre Meinung geändert?

Cate Shortland: Ich mag nicht so gern in der Öffentlichkeit stehen und habe nach meinem ersten Film zweieinhalb Jahre für eine Nichtregierungsorganisation am Rande von Soweto gearbeitet. Wir haben dort auch zwei Kinder adoptiert. Ich hatte also viel zu tun. Aber die Romanvorlage "Die dunkle Kammer" von Rachel Seiffert ist ein unglaubliches und bizarres Buch. Die Autorin erzählt einerseits eine große Geschichte, aber andererseits auf eine intime Art. Der Film "Lore" soll den Zuschauern nicht diktieren, was sie empfinden.

Haben Sie sich für die Geschichte auch deshalb interessiert, weil Ihr Ehemann deutsche Wurzeln hat?

Shortland: Ja. Seine Großeltern waren Juden aus Charlottenburg, die Berlin 1937 verlassen haben. Mein Ehemann hat einen deutschen Pass, und unsere Kinder werden auch demnächst diese Papiere beantragen. Berlin ist für uns eine Art Heimat fern der Heimat. Mein erster Kurzfilm ist in Oberhausen gelaufen, da war ich 25 Jahre alt. Deutschland war für mich sowohl in puncto Kreativität als auch emotional eine große Erfahrung. Das habe ich nie vergessen.

Sie sprechen kein Deutsch. Wie haben Sie Ihr Team gefunden?

Shortland: Ich habe die Arbeit von Produktionsdesignerin Silke Fischer in Maren Ades "Alle Anderen" gesehen. Das ist einer meiner Lieblingsfilme, er wirkt so frisch. Wir haben uns hier in Hamburg getroffen und mochten uns gleich. Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir beide von einer Kunsthochschule kommen. Wir sind wirklich gute Freundinnen geworden.

Die Filmhandlung beginnt im Schwarzwald und endet an der Nordsee. Wo haben Sie die Küstenbilder gedreht?

Shortland: Mir fällt gerade der Name der Insel nicht ein. Ich war vorher noch nie in diesem Teil Deutschlands, aber es hat mir toll gefallen. Es ist eine magische Welt, besonders das Watt.

Tut es Ihnen leid, dass Sie jetzt wieder in der Öffentlichkeit stehen?

Shortland: Nein. Ich bin wirklich froh, dass wir diesen Film gedreht haben. In Canberra kamen ein Überlebender der jüdischen Gemeinde und jemand von der deutschen Botschaft auf mich zu, um leidenschaftlich mit mir zu diskutieren. Wenn wir es mit diesem Film schaffen, solche Gespräche darüber anzustoßen, was es heißt, das Kind von Nazi-Verbrechern zu sein, bringt das Menschen zusammen und hilft ihnen, einander besser zu verstehen.