Aufnahmen voller Zeitkolorit aus den Anfängen der berühmten Modefotografin Walde Huth sind in der Galerie Hilaneh von Kories zu sehen.

Hilaneh von Kories. Sie ist von Anfang an ganz nah rangegangen an ihr Objekt. Vielleicht auch deshalb, weil sie den Dingen aufgrund ihrer kaum anderthalb Meter Körpergröße sowieso immer näher war als andere. Waldberta Huth, das 1923 geborene Einzelkind aus gutem Hause in Esslingen bei Stuttgart, das alle nur "Walde" riefen, wäre viel lieber Schauspielerin geworden als Fotografin. Aber sie hörte früh auf zu wachsen, eine Bühnenkarriere konnte sie sich abschminken. Dafür hatte sie ein Gefühl für Stoffe und für Mode, denn ihre Mutter, "die Beine hatte wie Marlene Dietrich" (Walde Huth), kleidete sich ausgewählt. Vor allem aber besaß das junge, quirlige Mädchen ein Paar Augen, mit denen sie Sachen sah, die anderen entgehen.

Der Vater, ein Ingenieur, betrieb sein Hobby der Fotografie mit so großer Ernsthaftigkeit, dass die 17-Jährige, statt Abitur zu machen, auf eigene Faust an die Staatliche Schule für Angewandte Kunst nach Weimar ging, um beim berühmten Architekturfotografen Walter Hege Fotografie zu studieren. Da lernte sie ein Handwerk, das sie eigentlich zur Produktion von Kunst prädestinierte. Nach dem Krieg aber und erst recht in den Wirtschaftswunderjahren wurde Walde Huth zur wohl meistbeschäftigten deutschen Gebrauchsfotografin. Vor allem ihre Modeaufnahmen prägten den New Look jener Zeit zwischen Mief und Rebellion. Die Galerie Hilaneh von Kories zeigt nun erstmals, was für Huth-Exegeten fast eine Sensation ist: Überwiegend Vintage Prints aus ihrer Studienzeit und nur wenige Aufnahmen aus den späteren Jahren des (auch kommerziellen) Erfolgs.

Auf den hellen Wänden des großzügig proportionierten Galerieraums entfaltet die Ausbeute, die die Galeristin beim Besitzer des Huth-Konvoluts Horst Gläser in Köln aus den Schubladen der noch ungeordneten Sammlung zusammentrug, einen ganz besonderen Reiz. Ihre Fundstücke gliederte Hilaneh von Kories in Interieurs und Objekte, Porträt und - etwas - Mode. Stück für Stück versah sie die Aufnahmen, die auf teils in erbärmlichem Zustand befindlichen Pappen aufgeklebt sind, mit weißen Passepartouts und Rahmen.

Vor dem Auge des Betrachters entsteht allein schon vor der Porträtwand mit zwölf Aufnahmen ein ganzes deutsches Zeitalter. Es sind nicht nur zeittypische Accessoires wie Frisuren, eine Brille, Mantelkragen, ein zerschlissener Pelz, zwei Spangen, die Jacke und Bluse einer jungen Frau zusammenhalten, Hemden oder Kopfbedeckungen, die aus den leicht sepiabraun getönten Bildern die entbehrungsreichen 40er-Jahre heraustreten lassen wie einen unverwechselbaren Geruch. Es sind die Gesichter selbst, die etwas berührend Zeitgebundenes ausstrahlen.

Walde Huths Blick fürs entscheidende Detail ist schon in den frühen Studienaufnahmen unübersehbar. Da fotografiert sie von einem Menschen, der sich seine massiven, rahmengenähten Schuhe über dicken Wollstrümpfen bindet, eben nur alles abwärts der Waden. Ihre schon wie Auftragsfotografie wirkenden Bilder von in Solingen gefertigtem Besteck lassen fast Neid auf die einstige Formen- und Gestaltungsvielfalt bei Produkten aufkommen.

Manche Bilder enthalten auch einen enthüllenden Subtext. Zweimal hat Walde Huth den Schriftsteller, Käferfreund und Kriegsliebhaber Ernst Jünger fotografiert, den sie als Mischung aus Schöngeist und Schönling zeigt. Da ist der Herrenmensch nicht weit. Walde Huth hat auch zwei Filme für Hitler entwickelt und stand dem Faschismus wenn auch nicht nahe, so doch auch nicht fern genug. Eine Leni Riefenstahl aber war sie nicht.

"Walde Huth Fotografien 1941-1965" bis 2.11. Galerie Hilaneh von Kories (Metrobus 3), Stresemannstraße 384a (Hinterhof), Hamburg-Bahrenfeld, Di-Fr 14.00-19.00 u. n. V. unter T. 423 20 10