Ohne kommerziellen Anstrich wie viele andere Pop-Festivals ist das Dockville seinem avantgardistischen Charme treu geblieben - auch wenn die Veranstaltung mit 15.000 Besucher sehr gewachsen ist.

Hamburg. Es muss am 40. Jubiläumsjahr von Woodstock liegen, dass die Liebessommer-Tage von 1969 immer wieder erwähnt werden, sobald derzeit irgendwo in Deutschland eine Gitarre unter freiem Himmel erklingt.

Und doch: Das dritte Dockville-Festival in Wilhelmsburg versprühte am vergangenen Wochenende abgesehen vom Wetter durchaus den Charme von Festivals der Altvorderen. Hohe kulturelle Ambitionen, ein von großen Hoffnungen gespicktes Bandprogramm und ein enormer Zuschauer-Zuspruch trafen auf größere und kleinere organisatorische Überraschungen und Hürden, die es zu meistern galt. Dazu kam der nahezu altmodisch unkommerzielle Charakter.

Wo andere Festivals jeden freien Meter Plakat- und Stellfläche für mächtige Sponsorenbanner und -burgen freihalten, gaben sich die Unterstützer des Dockville-Festivals bis auf zwei größere Stände betont unauffällig. Am Reiherstieg gab es kein Bungee-Jumping oder "Axe Shower Camp", stattdessen konnten sich die Besucher an interaktiven Kunst-Installationen den Staub von der Haut trommeln, boxen, tanzen und wippen - der vielleicht wichtigste individuelle Faktor eines urbanen Festivals, welches 15 000 größtenteils sehr junge Fans vom lässigen Neo-Hippie bis zum aufgekratzten Berlin-Mitte-Narziss anzog.

Auch die Hamburger Jungs von Kettcar, die das Dockville am Sonntagabend beschlossen, lobten, dass sie nicht zwischen Bannern von Bierbrauern und Mobilfunkanbietern spielen mussten. Stattdessen wurde die Hauptbühne eingerahmt von Hafengemälden des Hamburger Künstlers Jakobus Siebels, die leuchtend rot mit der untergehenden Sonne wetteiferten. Als dann noch die Ballade "Am Tisch" samt Streichern erklang, lief so manchem Fan das von drei Tagen festival-volle Herz über. Auch Pascal Finkenauer freute sich auf der Dorfbühne über den Gig in der eigenen Stadt und schickte seine Punkchansons über die Elbe.

Der Grundstein für einen jährlichen musikalisch-kulturellen "Abenteuerspielplatz" ist somit noch fester gelegt, das Konzept angenommen und gereift, die Infrastruktur konnte am Festival-Sonnabend dem Ansturm sogar kaum standhalten. Bleibt also die Frage, wohin das Dockville steuert. Ob Charme geht, wenn Größe kommt? Zu prüfen ist das vom 13. bis 15. August 2010.