Aus einer Rede des großen Produzenten zum 80. Geburtstag seines Kollegen Günter Rohrbach 2008

Am 23. Oktober 2008 wird im Literaturhaus München eine Matinee gegeben. Anlass ist der 80. Geburtstag des deutschen Produzenten Günter Rohrbach ("Die weiße Massai"). Bereits vor der Matinee hatte Rohrbach gesagt, er wünsche keine Festreden, sondern lediglich Gedanken über "Nachts, wenn die Dämonen kommen". Bernd Eichinger greift das Thema auf. Wir dokumentieren Auszüge aus seiner Rede:

"Filmemachen ist gefährlich. Es ist nicht nur ein Spiel mit dem Feuer, Filmemachen ist ein Spiel mit der Fantasie. Und damit ist es auch eine Sache auf Leben und Tod. Das ist, wenn man so will, eine Metapher, wobei ich sagen würde, in manchen Momenten bekommt diese Metapher durchaus ganz reale Züge. Wenn wir uns an die Planung eines Films begeben und alle begeistert über den Film reden, hat das Krokodil den Rachen noch ganz zu und lächelt nur. Und je weiter wir fortschreiten und je mehr die Zweifel uns bedrängen von allen Seiten, desto größer macht das Krokodil den Rachen auf. Am größten macht es den Rachen auf am Nachmittag, bevor der Film anläuft. Da ist der Rachen ganz groß offen. Und dann merken wir immer wieder zu unserem Erstaunen, obwohl wir es eigentlich wissen: Der Moment kommt auf jeden Fall, in dem wir in diesen Rachen auch noch hineingehen müssen.

Ein nicht greifbarer Gedanke nimmt durch die Regie, die Darsteller etc. mehr und mehr Gestalt an. Am Ende wird der Zuschauer im Kino in diese Version einer Wirklichkeit mit einbezogen. Das ist die Magie des Kinos. Doch nimmt der Film die Gestalt an, die wir wollen? Wie einem Zauberlehrling wächst uns die Sache früher oder später über den Kopf. Und das genau ist der Moment, in dem uns die Dämonen überfallen. Meistens gegen vier Uhr morgens. Film ist ein großer Alchemie-Kasten ohne Gebrauchsanweisung. Wir haben ihn vor uns, wir können damit spielen. Aber wir wissen nicht genau, was wir machen. Wir schießen große Portionen Kraft und Energie aus der Hüfte ins Halbdunkel. Und wir haben alle Angst zu scheitern. Obwohl wir wissen, dass Angst kein guter Ratgeber ist. Filmemachen ist für mich die Auseinandersetzung mit meinen Dämonen, aber auch mit meinen Engeln. Filmemachen ist mein Leben."