Der mittellose Poet John Keats verliebte sich in die Nachbarstochter Fanny Brawne - 1818 war das eine ausweglose Situation.

Muss Liebe so schmerzhaft sein? Und kann sie trotzdem so herzerwärmend schön sein? Mit einem Kostümfilm über eine romantische, tragisch endende Dichter-Liebe meldet sich Jane Campion nach Jahren wieder zurück - und diese Kombination kann im Kitsch untergehen und sehr, sehr schiefgehen. Stattdessen stellt Campion 16 Jahre nach ihrem Welterfolg "Das Piano" wieder unter Beweis, mit welcher durchdachten Bildsprache sie zu Werk geht, wie genau sie dabei die Macht der Verhältnisse im Auge behält. Für "Bright Star" erntet sie schon jetzt frenetisches Kritikerlob.

Der Film erzählt von der tatsächlichen Liebe zwischen dem britischen Dichter John Keats (Ben Whishaw) und Fanny Brawne (Abbie Cornish), dem "girl next door" in seinem Wohnort Hampstead Heath bei London. Er ist 23, sie 18, als sie sich 1818 kennenlernen. Und beide wissen, dass ihre Liebe keine Zukunft hat: Keats hält sich nur mithilfe seines Freundes Brown über Wasser und ist viel zu arm, um die Nachbarstochter heiraten zu können. So sind sie nun mal, die Verhältnisse - Jane Austen lässt grüßen.

Aber Campion hat keine Gesellschaftsanklage inszeniert. Ihre Helden flüchten aus der Ausweglosigkeit auch nicht in schwülstige romantische Verzückung. Es passiert, was eigentlich zeitlos ist: eine beiläufig wachsende, ernsthafte, auch von typischen Hemmnissen und Kleinkatastrophen begleitete Liebe.

Keats ist kein Eroberertyp. Und Fanny ist nicht "gebildet". Ihre Leidenschaft ist das Nähen, sie entwirft farbenfrohe Kleider mit exquisiten Stickereien und Kragen. Der Blick fürs schöne Detail, das Sticheln am Fenster oder auf ihrem Bett: Das war die Welt der Frau.

Aber Campion ist Spezialistin für Frauenfiguren, die sich nicht fügen. Fanny weiß Spielräume zu nutzen. Sie trägt ihre Kleider mit Stolz, behauptet sich schlagfertig gegen Keats' eifersüchtigen Beschützer Brown. Der Raum, der den Verliebten bleibt, ist die Natur. Aus braven Spaziergängen mit Fannys Geschwistern wird ein Versteckspiel, aus Blättern eine Kulisse heimlicher Küsse, ein Platzregen zum Showdown für einen Eifersuchtsausbruch.

Als Keats 1820 an Tuberkulose erkrankt, wird die Trennung der inzwischen heimlich Verlobten unausweichlich: Freunde finanzieren ihm den dringend notwendigen Aufenthalt im wärmeren Italien. Im Februar 1821 überbringt Brown Fanny die Nachricht, dass Keats in Rom gestorben ist. Selbst der Freund, der in ihr immer nur einen Störenfried sah, ist erschüttert über ihr Leid.

Von der ersten bis zur letzten Szene überzeugt Campion mit der Schönheit ihrer Kamerasprache: Wie schon in "Das Piano" prägen sich einzelne Bilder mit Farben und Komposition ein, die man lange nicht vergisst. Ganz ruhig und beiläufig kommen die Bilder - Fanny in einem violettblauen Lilienfeld, mit Keats in einem Schilfmeer, Innenräume nur von Kerzenlicht erhellt. In Wahrheit aber ist jede Einstellung bis ins Kleinste durchkomponiert. Nachts legen Fanny und Keats spiegelverkehrt die Hände an jene Wand, die ihre Wohnungen trennt - zwei Königskinder, die zueinander nicht kommen können.

"Historienfilme sind oft nur schön und langweilig", sagte Campion in einem Interview. Deshalb wollte sie "die Geschichte aus dem Blickwinkel von Fanny erzählen, die erste Verliebtheit, die Liebe, die Trauer". Während die junge Australierin Abbie Cornish schon äußerlich eine kräftige, selbstbewusste Fanny hergab, war sich Campion anfangs über die Besetzung des Keats mit Ben Whishaw nicht sicher: Er hatte in "Das Parfum" den Serienmörder gespielt.

Aber Whishaw überzeugt als melancholischer Dichter ebenso wie als zuweilen alberner Verliebter. Campion hat sich, bei aller künstlerischen Freiheit in der Ausgestaltung der Figuren, weitgehend an die Fakten gehalten, die über Keats' Leben bekannt sind. In Hampstead Heath wohnten Keats (zusammen mit Brown) und die Familie Brawne tatsächlich Wand an Wand in einem Doppelhaus. Und die Romanze mit Fanny - die einzige große Liebe seines jungen Lebens - hat Keats zu den schönsten Sonetten inspiriert, darunter auch jenes melancholische "Heller Stern", das dem Film seinen Namen gab. "Du heller Stern! Wär ich so stet wie du / Nicht einsam strahlend, hochgehängt in Nacht, / Säh ich mit ewig offenen Lidern zu, / Einsiedler der Natur, der harrt und wacht ..."

Zu Anfang ihrer Begegnung war Keats noch ganz der selbstironische junge Dichter, der sich selbst fern jeder Verfallenheit sah. "Soll ich euch Miss Brawne beschreiben?", schrieb er an seinen Bruder in Amerika. "Sie hat etwa meine Größe... Sie möchte in allem Gefühl sehen, sie frisiert ihr Haar schön, ihre Nasenflügel sind fein, aber sie ist ungebildet - übertrieben in ihrem Verhalten, in alle Richtungen stürmend ..." Da hatte einer genau hingeguckt, eine sehr energievolle junge Dame bemerkt und redete sich ein, alles sei unverändert.

Ganz anders klang, was Keats ein Jahr später an Fanny schrieb: Er stelle sich vor, an ihrem Busen zu liegen, in einer "süßen Unruhe". Auch wenn seine Literatenfreunde es nicht verstanden: Keats betrachtete Fanny als ebenbürtig, als eine zentrale Kraft in seinem entbehrungsreichen Leben. 37 Liebesbriefe an sie sind erhalten. Als sie 1878 veröffentlicht wurden, war das viktorianische England geschockt: Eine so gefühlvoll zugegebene Abhängigkeit von einer Frau galt als unmännlich. Umgekehrt existieren Fannys Briefe an Keats nicht mehr; ihre letzten Briefe nach Rom wurden mit ihm begraben.

Seine Gedichte sind unspektakulär in die Filmhandlung integriert. Sie verschmelzen mit Farben und Formen. "'Bright Star' befriedigt einen Hunger, den wir noch gar nicht bemerkt hatten", schreibt der Londoner "Telegraph". Eine gefühlvolle Liebesgeschichte, die sich mit klugem und unsentimentalem Filmhandwerk verbindet - was will man mehr?