In der "Palette" treffen sich Angehörige einer "Lost Generation". Fichte versammelt sie in seinem 1968 erschienenen Roman: wie sie am Tresen hängen, wie sie sich in den dunklen Räumen befummeln und begrapschen oder anschweigen, wie sie schwärmen, sich prügeln, Erfahrungen und Erinnerungen austauschen, sich wohl auch in Fluren und Toiletten übereinander hermachen. Gestrandete Sechzigjährige wie verstörte Sechzehnjährige.

Fichte, 1968, als sein Roman erschien, um die dreißig, hat die Zeitachse durch Hamburgs Nachkriegsjugendliche gezogen. Geografisch liegt die "Palette" 89 bis 100 Schritte vom Gänsemarkt entfernt.

Man ist in fünf Minuten beim Axel Springer Verlag oder beim Botanischen Garten. Man liest die Abendblatt-Losung "Seid nett zueinander" und spielt Frankreich oder Portugal oder die Waisenhaus-Kindheit in tagebuchartigen, teils rüden, teils sentimentalen Wort- und Satzkaskaden nach: Es sind der Slang und Sound einer Generation, die an der Grenze zum Bürgertum lebt, durchgewürfelt und durchgerüttelt - bevor sie sich in der 68er-Bewegung politisch zu artikulieren wagt.

Hubert Fichtes Jäcki ist in jeder Hinsicht ein Grenzgänger, zwischen Arbeit und Anarchie, Literatur und Lotterleben, auch in seiner homosexuellen Neigung ein Adept des großen Hamburger Schriftstellers und Orgelbauers Hans Henny Jahnn. Der Jazz aus Pöseldorf und Eppendorf, wie er sich dort kultivierte, bleibt seltsamerweise außen vor.