Inzwischen ist der Roman “Der Mann im Strom“, den Siegfried Lenz 1957 veröffentlichte, nicht nur die Tragödie eines Mannes, der seine Arbeit verliert, weil er zum alten Eisen geworfen wird, nicht nur zeitlos und gleichzeitig aktuell in der neuen Wirtschaftskrise, sondern auch ein Zeitdokument der 50er-Jahre von großer Dichte und atmosphärischer Genauigkeit, was das Nachkriegs-Hamburg betrifft.

Der Hafen war noch von Trümmern auf dem Grund übersät, die geborgen oder gesprengt werden mussten, die Wirtschaft boomte. Eine große Hamburger Zeitung (das Hamburger Abendblatt) wird mit der Kampagne "Seid nett zueinander!" sanft karikiert und parodiert.

Aus-der-Bahn-Geworfene kampieren um das Bismarck-Denkmal, und - auch das ist wichtig - der Held, der seine Dokumente fälschen muss, der sich jünger macht, begeht damit ein für den Zeitgeist empfindliches Delikt: die Fälschung seiner Biografie. Dieses Schicksal, die Arbeitswelt der Taucher, die Tochter, die verloren zu gehen droht, das alles wird mit großer Dichte und Prägnanz geschildert, sodass "Der Mann im Strom", zweimal verfilmt, verdient, zu den großen Zeitromanen des beginnenden Wirtschaftswunders und seiner Opfer zu zählen.