Der Ex-“Titanic“-Chef betrieb im Abaton-Kino Wahlkampf der etwas anderen Art: als deftige Realsatire mit jovialer Selbstinszenierung.

Hamburg. Martin Sonneborn ließ keinen Zweifel. Der Gründer und Bundesvorsitzende von der "Partei" will an die Macht - wie er es in seinem Film "Die Partei" proklamiert. Der Demagoge mit der Parteinummer 0001 amüsierte die 200 Besucher der Abendblatt-Veranstaltung im Abaton-Kino nach der Filmvorführung noch mit augenzwinkerndem Stimmenfang. Der Ex-"Titanic"-Chefredakteur versteht sich als verlängerter "politischer Arm" des Satire-Magazins, parodiert die Selbstinszenierung und Tiraden der Politiker. Er gab den machtgeilen Wolf im grauen Billiganzug und blieb auch in der Diskussion nach dem Film seiner Rolle treu: für eine Realsatire auf Wahlveranstaltungen - zum Vergnügen der eifrig mitspielenden Abendblatt-Leser.

Im Schutz seines Bundes- und Hamburger Landesvorstands war Sonneborn ins Kino gekommen. Abendblatt-Redakteurin Irene Jung begrüßte ihn und das Publikum. "Das war kurz und knackig", lobte der Parteivorsitzende konziliant, fiel auch nach dem "Partei"-Film (Sasha Baron Cohen lässt grüßen) im Gespräch mit der Journalistin nie aus seiner Rolle. Cool ging sie darauf ein und traf mit der ersten Frage nach der gescheiterten Zulassung der "Partei" zur Bundestagswahl einen wunden Punkt. "Ich habe mit Hass reagiert", gab Sonneborn zu, legte sonnig-jovial nach: "Die Entscheidung des Bundeswahlleiters habe ich mit einer Eilzulassung zurückgewiesen und um Unterstützung in Nordkorea und im Iran ersucht."

Ob er sich denn mit Gabriele Paulis Freier Union solidarisieren wolle, hakte einer der Abendblatt-Leser nach. Amüsiert hatten sie den ihnen von Irene Jung zugespielten Ball zum Politiker-Wähler-Fragespiel aufgenommen. "Mit so einer schmierigen Partei lasse ich mich nicht ein", konterte Agent 0001, obwohl er sich zuvor ausdrücklich zum schmierig-populistischen Wahlkampf bekannt hatte. Sich kalt lächelnd zu widersprechen gehört offenbar zu den Politiker-Tugenden. Die Frage, ob er denn lieber mit der Piratenpartei paktiere, beantwortete Sonneborn mit der Aufforderung, diese zu unterstützen: "Erreicht sie bei der Bundestagswahl die 0,5 Prozentgrenze, gibt es gute Gründe für mich, das Wahlergebnis anzufechten." Kritik an seinen repressiven Positionen und Nazi-Sprüche abwandelnden Parolen wies er unerschüttert ab. Eine Vertreterin aus der "weiblichen Minderheitengruppe" und ihre Frage nach dem "Partei"-Engagement für die Frauen fertigte er eloquent ab: mit dem Hinweis auf seine im Schönheitswettbewerb gekürte Kanzlerkandidatin Samira El Quassil.

Sonneborn beherrscht perfekt die Politikerrede, ohne wirklich Antwort zu geben. Er sondert schlagfertig programmatische Parolen ab und tarnt Demagogie hinterhältig als leutselige Kommunikation. Aber die Satire auf den Bundeswahlkampf hat ihm Christoph Schlingensief bereits 1998 mit der Parteigründung Chance 2000 vorgemacht. Damals hat Schlingensief die manipulativen Mechanismen mit einer "Partei der letzten Chance" entlarvt, die nichts verspricht und damit alle anspricht. "Machen Sie mal was! Was ist egal!"

Jetzt dreht Deutschlands Chefsatiriker Sonneborn den Spieß um: Er redet dem Volk nach dem Munde und bittet: "Sie müssen uns wählen, Sie sind ein intelligentes Publikum." Um dann selbstgerecht anzufügen: "Die Hamburger sind doch genauso manipulierbar wie alle Wähler." Was mit dem gelungenen Abend zu beweisen war. Das "Stimmvieh" dankte für die selbstironischen Einsichten unter Gelächter mit viel Beifall.

Die Partei - Der Film läuft am 5./6.9.(14.30 Uhr), 12./13.9. (16.45 Uhr), 17./18.9.,(17.00 Uhr),19./ 20.9. (15.00 Uhr) und 21./23.9. (17.00) Uhr im Kino 3001, Schanzenstraße 75, T. 43 76 97 oder www.3001-kino.de