In einer Abendblatt-Serie erinnern sich Weggefährten an Peter Zadek. Den Anfang macht Ulrich Waller, Chef des St.-Pauli-Theaters.

Du bist der Direktor des größten Schmierentheaters, das mir je begegnet ist", herrschte er mich im Dunkel des Zuschauerraums des Akademietheaters in Wien an, nach der Generalprobe von "Bash". Was war passiert? Verabredungsgemäß hatte eine Wiener Kollegin die Maske übernommen und ein ortsansässiger Kollege den Ton gefahren. Daran wollte oder konnte sich Peter Zadek nicht mehr erinnern. "Guck sie doch an", schrie er und meinte Judith Engel, "so sieht doch keine Mörderin aus!" Man musste schon sehr genau hinschauen, um zu sehen, dass die Maske ganz leicht anders war, etwas spießiger vielleicht. Aber er hatte doch recht, denn die Aufgelöstheit der Figur war befriedet worden. Am nächsten Tag waren die Maskenbildnerin und der Tonmann aus Hamburg eingeflogen, die Premiere bei den Festwochen ein großer Erfolg, wir waren das "beste Theater, mit dem ich je zusammengearbeitet habe". So nah lag das zusammen bei ihm.

Aber genauer betrachtet ging es bei all den Krächen und Auseinandersetzungen nie um ihn, sondern immer um die Aufführung, auch wenn man das nicht gleich durchschaute.

Ein Fan von Zadek war ich, seit ich ihn als junger Assistent in Frankfurt beim Berliner Theatertreffen "Othello" mit Wildgruber und Mattes gesehen hatte, aber ich hatte mich von seinem Clan immer ferngehalten.

Kennengelernt haben wir uns dann über die Verlegerin Corinna Brocher, die uns von ihm ausrichten ließ, er hätte Interesse, an den Kammerspielen zu inszenieren, die damals von Tukur und mir geleitet wurden. Irgendwie wollte er in der Phase seines Schaffens zu seinen Wurzeln zurückkehren. Er hatte in englischen Theatern dieser Größe in den 50er-Jahren sein Handwerk gelernt und alle zwei Wochen ein Stück herausgebracht.

Zadek erarbeitete dann "Gesäubert" der jungen Engländerin Sarah Kane, und nachdem wir monatelang ein respektvolles Sie durchgehalten hatten, holte er mich eine Stunde vor der Premiere in den Zuschauerraum, legte mir den Arm auf die Schulter und sagte: "Jetzt lassen wir mal den Quatsch, Uli. Ich bedauere einfach, dass ich dich so spät erst kennengelernt habe, dich hätte ich früher gebraucht."

Das war wie ein Ritterschlag.

Abschied von Peter Zadek : Weggefährten, Kollegen und Freunde erinnern sich im Abendblatt an den großen Theatermann und erzählen von ihrer persönlichen Beziehung.

Morgen: Die Schauspielerin Brigitte Janner