Mona Kraushaar setzt in ihrer Inszenierung auf die komischen Aspekte des Stückes.

Hamburg

"Lieber Major, das Lachen hält uns vernünftiger als der Verdruss." Minna von Barnhelms Satz, im vierten Akt ihrem Verlobten Tellheim entgegengeschleudert, könnte das Motto von Mona Kraushaars Inszenierung des Lessing-Klassikers sein. Die Regisseurin kommt ohne postdramatische Interpretationsansätze aus, sondern hat das Stück so auf die Bühne gebracht, wie Gotthold Ephraim Lessing es 1764 konzipiert hatte: als Lustspiel.

Zu lachen hatten die Menschen damals nicht viel. Ein Jahr vorher war der Siebenjährige Krieg zu Ende gegangen, an dem ganz Europa beteiligt war, eine Million Menschen verloren ihr Leben. Lessing schenkte seinem Publikum damals eine positive Figur, die unerschütterlich an die Kraft der Liebe glaubt. "Minna von Barnhelm" steckte zwar voller aktueller Bezüge, doch auch heute funktioniert dieses Stück noch, weil es kunstvoll gebaut, pointiert geschrieben und aktuell ist: die Liebe als Klassiker eben.

Ein junges Ensemble darf an der Mundsburg durch ein Bett toben, das als wichtigstes Requisit auf der oft rotierenden Drehbühne steht (Bühnenbild: Katrin Kersten). Minna, Typ blondes quirliges Hockeymädchen aus den Elbvororten, wird von Evi Kehrstephan als ein Ausbund an Lebensfreude gespielt. Sie und ihr nicht auf den Mund gefallenes Kammermädchen Franziska (Nina Arens) plappern in einer Tour, sie gebärden sich wie zwei Freundinnen, die zum ersten Mal weg von zu Hause sind und nun durch Dach und Latten gehen. In ihrem jugendlichen Überschwang benutzt Minna sogar den stabilen Kronleuchter in ihrer Pension wie eine Hollywood-Schaukel. Wenn doch nur der geliebte Tellheim (Felix Lohrengel) ein wenig mehr Hedonismus an den Tag legen würde!

Doch dem unehrenhaft aus preußischem Dienst entlassenen, mittellosen und der Untreue verdächtigen Major steht der Sinn so gar nicht nach Liebesheirat. Felix Lohrengels Tellheim ist ein ernsthafter junger Offizier, der sich mit viel Bitterkeit um seine Ehre und um die seiner Verlobten sorgt. Er ist emotional blockiert, weil er sich schon auf der Anklagebank des Königs sieht.

Mona Kraushaar und ihre beiden Protagonisten zeigen den Konflikt zwischen privatem Glück und der Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung in sehr intensiven Dialogen miteinander. Dass die Inszenierung überaus gelungen ist, verdankt sie jedoch auch den Nebenfiguren. Der Diener Just wird bei Holger Dexne zu einem zartfühlenden und grundehrlichen Gemüt; Armin Schlagwein als kriegslüsterner Wachtmeister Werner gelingen immer wieder komische Momente, wenn er zum Beispiel eine Pantolette zu einer Maschinenpistole umfunktioniert; Günter Rainer als Wirt ist ein schmieriger Schleimer mit Sonnenbrille und Taxifahrerjacke; Katharina Solzbacher letztlich macht den Auftritt des Boten Riccaut de la Marliniere mit ihrem deutsch-französischen Kauderwelsch zu einem komödiantischen Höhepunkt dieses Spiels um Geld und Liebe. Tempo und Timing bei den verbalen Schlagabtäuschen stimmen, sodass Mona Kraushaar ihr Ziel erreicht: Sie transportiert Lessings Stück vom 18. Jahrhundert mit Leichtigkeit in die Gegenwart. Und hat am Ende nach der gelungenen Darbietung ihres Ensembles selber gut lachen.