Das ist einmalig in Europa: Grundeigentümer geben vier Millionen Euro für mehr Grün, Plätze, Skulpturen und Wege dazu.

Steilshoop. Gebaut wird 2014, ein Jahr Detailplanung liegt noch vor den vom Diskutieren schon jetzt etwas müden Steilshoopern. Trotzdem ist die verbliebene große Hürde jetzt genommen: Der Senat hat nach der Einigung mit dem letzten Grundeigentümer jetzt per Rechtsverordnung das "Innovationsquartier Steilshoop" festgelegt und damit ein bisher europaweit einmaliges Städtebauprojekt gestartet. "Ich wünsche allen Beteiligten, dass die Umsetzung jetzt schneller geht als die Vorplanungen", sagte Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) gestern augenzwinkernd.

Es geht um eine langfristige Image-Verbesserung und eine gute Vermietbarkeit von etwa 6400 Wohnungen. Wozu eben auch eine gute Nahversorgung sowie ansprechende Wege, Grünflächen und Plätze gehören. Mit diesem Argument konnten die 50 Grundeigentümer im Stadtteil für die Idee begeistert werden, in Eigenregie und auf eigene Kosten in scheinbar allein öffentliche, also städtische Angelegenheiten zu investieren. Fünf Jahre lang werden von der Finanzbehörde nun bei den Grundeigentümern rund vier Millionen Euro Beiträge erhoben, die ins Quartier investiert werden. Dafür wurde mit der Otto Wulff BID GmbH ein Treuhänder engagiert, der als "Aufgabenträger" die seit 2005 im Stadtteil erarbeitete Planung umsetzt.

Die Grundeigentümer äußerten sich optimistisch und erleichtert über den Startschuss. Die Gagfah Gruppe ist als Eigentümer rund eines Drittels der Wohnungen mit etwa 1,5 Millionen Euro dabei, Heinz-Hermann Trapp als Eigentümer einer selbst genutzten 80-Quadratmeter-Wohnung mit etwa 900 Euro. Das Hauptaugenmerk gilt der zentralen, autofreien Mittelachse. Sie verbindet die Ringstraßen. Beginnend am Borchertring im Osten führt sie zur Stadtteilmitte am Einkaufszentrum und weiter nach Westen bis zum Edwin-Scharff-Ring. Diese Verbindung soll mit Möblierung, Grün, kleinen Plätzen und sanierten Skulpturen zum Boulevard mit Strahlkraft werden. 2,5 Millionen Euro wird das kosten, 1, 5 Millionen werden für Stadtteilmarketing, nachhaltige Pflege und Honorare fällig. Die Kontrolle behält der Lenkungsausschuss, in dem neben Grundeigentümern und einem Vertreter aus dem Stadtteilbeirat auch Bezirksamt und Stadtentwicklungsbehörde sitzen.

Bis zuletzt stand das Projekt auf der Kippe. Denn das Einkaufszentrum Steilshoop pokerte um den zentralen Platz, der am Schreyerring Ecke Fehlinghöhe vor dem Einkausfzentrum entstehen soll. Es drohte sogar mit Klage, falls Behörde und Grundeigentümer auch ohne die Zustimmung des Centers weiterhin statt der heutigen Ringstraße einen komplett autofreien Marktplatz anstreben sollten. Der Zankapfel Marktplatz liegt in der Mitte der Achsen und soll Herz des Stadtteils werden. Das neue, 26,9 Millionen Euro teure Schulzentrum (wir berichteten), das das alte Bildungszentrum ersetzen wird, läge in Sichtweite. Den Platz, der für Märkte, Stadtteilfeste und als Treffpunkt dienen soll, bezahlt die Stadt mit 4,4 Millionen Euro.

Die Einigung sieht jetzt vor, dass der Platz eine Multifunktionsfläche bleibt, aber überfahren werden kann. Sechs Stellplätze vor dem Centereingang sollen bleiben. "Der Fahrweg wird abgepollert", sagte Sebastian Binger vom "Aufgabenträger" Otto Wulff. Genaues werde die Feinplanung erarbeiten. "Wir finden das o. k.", sagte die Sprecherin des Stadtteilbeirats, Eyyuba Cecirici. "Es ist toll, dass der Platz so nah am Bildungszentrum ist und von da auch bespielt werden kann. Aber Kinder sollten schon gefahrlos da toben können."

Das Innovationsquartier ist eine deutsche Variante des amerikanischen Housing Improvement Districts. Das Verfahren soll in vier Phasen wachsender Verbindlichkeit ein Wohnquartier aufwerten. In Phase eins finden sich unter Anleitung der Gemeinde (Hamburg ist "Einheitsgemeinde") die Grundeigentümer zusammen und erarbeiten einen ersten Entwurf. Der Lenkungsausschuss findet sich, Ziele werden formuliert. In Phase zwei prüft die öffentliche Hand das Konzept, der Aufgabenträger wird gewählt.

Phase drei ist die Entscheidungsphase. Der Aufgabenträger beantragt die Einrichtung des Innovationsquartiers und weist der Gemeinde dafür nach, dass mindestens ein Drittel der Grundeigentümer einverstanden ist. Das Konzept wird für einen Monat öffentlich ausgelegt.

Widerspricht innerhalb dieser Frist weniger als ein Drittel der Grundeigentümer, wird das Gebiet eingerichtet. Die Abgaben werden erhoben, sind aber gedeckelt: Maximal zehn Prozent vom Einheitswert der jeweiligen Immobile sind zulässig. Phase vier ist die Umsetzungsphase. In sie ist Steilshoop jetzt eingetreten.