Ein Millionenprogramm hilft Steilshoop nur ein wenig

Mit dem Wort "benachteiligt" sollte man vorsichtig umgehen. Zum einen wird es zu oft benutzt und stigmatisiert. Zum anderen verwischt es oftmals Verantwortungen: Auch wer eigene Fehler macht, gilt als "benachteiligt" - die Verantwortung wird weitergereicht, gern an die Politik, die Stadt oder die Gesellschaft.

Auch Steilshoop, dieses in Beton gegossene Architekturdesaster, bekommt meist das Eigenschaftswort "benachteiligt" vorangestellt. Diese Stigmatisierung verkennt die enorme Entwicklung, die das Quartier südlich des Bramfelder Sees genommen hat. Steilshoop ist längst nicht mehr wie in den 90er-Jahren der Drehort für Krawallreportagen nach dem Geschmack des Privatfernsehens. Auch das neue Konzept des Senats klingt gut: Das "Innovationsquartier" soll Steilshoop in Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern attraktiver, sauberer, grüner machen. 31,3 Millionen Euro stellt die Stadt für einen Platz und ein neues Schulzentrum zur Verfügung. Die Verbesserung der Busanbindung kommt hinzu.

Und doch klingt das Selbstlob des Senats ("einmalig in Europa") vermessen: Kaum einen Stadtteil hat die Politik so im Stich gelassen - allen Millionenprojekten der Vergangenheit zum Trotz. Seit der Grundsteinlegung 1969 verspricht man den Steilshoopern eine vernünftige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.

Erst sollte die U 4 von Barmbek nach Bramfeld den Stadtteil mit seinen 20 000 Einwohnern anbinden. Sie scheiterte. 2001 beschloss der rot-grüne Senat die Planfeststellung für eine Stadtbahn von Steilshoop bis zum Hauptbahnhof, die der CDU-Senat kurz darauf stoppte. 2008 einigte sich Schwarz-Grün, eine Stadtbahn von Bramfeld nach Altona zu bauen. Ein Vorhaben, das der SPD-Senat unter Olaf Scholz kippte. Natürlich gab es dafür - wie auch beim gestoppten U-Bahn-Bau triftige finanzielle Gründe. Und doch: Die U 4 fährt inzwischen. Sie verbindet nur nicht Steilshoop mit der Innenstadt, sondern die HafenCity. Dort wurde der Grundstein 2003 gelegt - 34 Jahre nach Steilshoop. Das haben die Steilshooper nicht vergessen. Sie fühlen sich zu Recht "benachteiligt".