Die Hip Hop Academy wurde für ihre hervorragende Jugendarbeit mit dem ersten Preis der Budnianer Hilfe geehrt

Eigentlich ist Marco (Name geändert) ein schüchterner Junge, schlaksig, mit Brille, den Blick zum Boden gerichtet. Doch sobald er zu Beatboy Floofy wird, dreht er auf, geht selbstbewusst in die Mitte des Kreises, während die anderen Jugendlichen um ihn herum stehen und ihn anfeuern. Ein paar federnde Schritte, die Hände formen eine Welle, dann tanzt der 14-Jährige einen grandiosen Breakdance-Move. „Das Tanzen ist das Wichtigste in meinem Leben. Dabei kann ich mich entspannen, wenn ich mal Stress habe. Und ich traue mich auch jetzt mehr mit anderen zu reden“, sagt Marco lächelnd. Er ist ein Förderschüler, Erfolge in der Schule kennt er kaum. „Aber als mich dann mein Trainer hier für die Hip Hop Academy empfahl, da war ich echt stolz“, sagt Marco.

Zusammen mit 14 anderen „Stipendiaten“ kommt er nun immer montags zum Training bei Beatboy Delles, 37, in den Kultur Palast Hamburg in Billstedt, dem Träger der Hip Hop Academy. Dort werden junge Talente zwischen 13 und 25 Jahren professionell in mehreren Disziplinen gefördert. Denn in die Academy kommen nicht nur Tänzer, sondern auch potenzielle Musikproducer, Beatboxer, Rapper, DJs oder Sänger und werden hier überwiegend kostenfrei durch bekannte Trainer unterrichtet. Für ihre hervorragende Jugendarbeit wurde die Hip Hop Academy nun mit dem ersten Preis der Budnianer Hilfe ausgezeichnet.

„Unsere Trainer zeigen, dass man mit Disziplin und hoher Leistungsbereitschaft etwas erreichen kann. Für viele dieser Jugendlichen hier ist das ganz wichtig. Die kommen vor allem, weil sie den Trainern zeigen wollen, was sie können“, sagt Dörte Inselmann, Vorsitzende und Intendantin der Stiftung Kultur Palast Hamburg. So ist zum Beispiel Sleepwalker, der schon Songs für Samy Deluxe und Xavier Naidoo produziert hat, ein echtes Vorbild für Rico, 22. Der gelernte Verkäufer kommt seit vier Jahren zur „Producing-Stunde“ des 41-Jährigen und hat gerade selber einen Song veröffentlicht. „Rico ist echt gut“, sagt Sleepwalker und deswegen will der sein Hobby nun zum Beruf machen.

Dörte Inselmann hat mit ihrem Team erreicht, dass der Kultur Palast zu einem Zentrum für die Jugend in Hamburg Ost geworden ist, in einem Stadtteil, wo rund 25 Prozent der Bewohner Leistungsempfänger sind, viele bildungsferne Familien leben hier. „Aber mit der Musik erreichen wir viele, das ist eine Schnittmenge“, sagt Inselmann. So gibt es mit dem Projekt „Klangstrolche“ für die Kleinsten musikalische Frühförderung, für die Größeren einen Musikclub und die Hip Hop Academy und für Erwachsene Kreativ-, Sport- und Sprachangebote. Normalerweise sind Jugendliche sehr schwer für kulturelle Angebote zu begeistern. Doch mit Hip-Hop hat Inselmann genau den Nerv dieser Gruppe getroffen.

„Hip-Hop ist die größte Jugendbewegung der Welt und überwindet Grenzen. Vor allem gibt es Prinzipien dieser Kultur, denen sich hier alle verpflichten: Offenheit, Toleranz und Gewaltfreiheit. Und Respekt, das ist das Wichtigste.“ Den Respekt voreinander merkt man den Jugendlichen an, da tanzen alle Nationen nebeneinander, keiner wird ausgebuht, wenn ein Tanzschritt nicht gelingt. Und ehrgeizig sind sie alle. Schließlich wollen sie ein Level weiterkommen, vielleicht sogar mal in der „Showgroup“ mittanzen. Der Olymp ist dann das vierte Level, die Gruppe mit eigener Showproduktion und internationalen Auftritten.

Beim ersten Level können alle mitmachen. Dabei kooperiert die Hip Hop Academy vor allem mit Schulen, derzeit gibt es 117 Kurse für Einsteiger an 36 Standorten. Wer von seinem Trainer empfohlen wird, kann dann im Sommer beim „Bootcamp“ im Kultur Palast mitmachen – ein zweiwöchiges Talentcasting für das zweite Level. „Hier können die Kids sich zeigen. Doch wer keine Leistung und Disziplin mitbringt, kommt auch nicht weiter“, sagt Breakdance-Trainer Beatboy Delles, eine Berühmtheit in der Hip-Hop-Szene Hamburgs. Er unterrichtet in vielen Studios, doch „hier ist das Besondere, dass ich die Jugendlichen echt fördern kann.“ Sie alle haben ihre Auftritte, sei es bei der großen Gala im Dezember oder als kleiner Act bei Veranstaltungen auf Kampnagel. Das stärkt das Selbstbewusstsein und die Persönlichkeit. Oder wie Breakdancer Marco es ausdrückt: „Hier gibt es endlich mal Menschen, die an mich glauben.“