Die Abendblatt-Leser reagieren kritisch auf das Ergebnis der Abstimmung und auf den Rücktritt des Hamburger Bürgermeisters.

Geringe Wahlbeteiligung

Hamburg. "Beust tritt ab - Schulreform gescheitert"

Die Volksinitiative "Wir wollen lernen" erringt eine breite Mehrheit.

Hamburger Abendblatt 20. Juli

Eine geringe Wahlbeteiligung scheint sicher zu sein, wenn bereits die Politiker amtsmüde sind.

Magdalena Lundbeck, per E-Mail

Sieg der Bürger

Die Verlierer des Volksentscheids können es drehen und wenden, wie sie wollen - das Ergebnis ist ein Sieg der Bürger über ein versuchtes Diktat der vereinigten Rathausparteien CDU, GAL, SPD und Linke. Alle Versuche, die Gegner der Schulreform als Egoisten oder gar Ausländerfeinde zu diffamieren, haben sich als Rohrkrepierer erwiesen. Insbesondere für die CDU Hamburg ist das Ergebnis des Volksentscheids eine Polit-Lektion par excellence: Wer sich gegen seine eigene Wählerschaft stellt, scheitert gründlich.

Roland Bunke, per E-Mail

Maulwurfsklassen

Die Schulbehörde hat für den Fall des Scheiterns beim Volksentscheid keinen Plan B? Ist das Unfähigkeit oder einfach nur Arroganz? Nach dem Motto: Egal, wie das dumme Volk entscheidet, wir machen erst einmal weiter - mit sogenannten Starterklassen. Da die Primarschule gestorben ist, kann es auch keine Starterklassen für die Primarschule geben, auch keine freiwilligen. Der Volksentscheid ist bindend. Wer es zulässt, dass solche Klassen entstehen, installiert lediglich "Maulwurfsklassen", die dazu geschaffen werden, den Volksentscheid zu untergraben.

Heinz-Peter Schulz, per E-Mail

Hintertrieben

Auf eindrucksvolle Weise kann man aus den Abstimmungsergebnissen der einzelnen Stadtteile ablesen, dass die Hamburger Wohlstandseliten (früher auch: Pfeffersäcke) es geschafft haben, sich gegen den "gemeinen Pöbel" abzuschotten. Wer hintertreibt hier eigentlich wirklich die Integration? Was kommt jetzt noch? Ein Schlagbaum über die Elbchaussee, Mauer und Stacheldraht um das nördliche Wandsbek?

Hans-Ulrich Fischer, per E-Mail

Medien als Opposition

Der Volksentscheid gegen die geplante Schulreform zeigt zum ersten Mal seit langer Zeit, dass der Bürger nicht hilflos der Diktatur eines Parteienkartells ausgesetzt sein muss. Aber wer in diesem politischen Kartell wäre ernsthaft bereit, sich selbst wehzutun? Schließlich habe der Bürger ja in vier oder fünf Jahren die Möglichkeit neu zu entscheiden. Eine Farce! Denn entweder lassen die Neugewählten mal kurz ihre Muskeln spielen und machen dann weiter wie immer, oder sie werden abgewählt oder sind amtsmüde und verabschieden sich in den finanziell wohl abgesicherten Ruhestand. Gut nur, dass es die Medien als einzig noch funktionierende Opposition gibt.

Hans-Peter Holzwarth, per E-Mail

Verbohrt

Nachdem die Senatorin Goetsch wider alle warnenden Stimmen das Hamburger Schulsystem fast zwei Jahre lang nachhaltig verunsichert hat und sich ideologisch verbohrt auf Kosten der Kolleginnen und Kollegen, der Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler austoben durfte, bleibt jetzt nur noch eines: sofortiger Rücktritt!

Bernd Guth, per E-Mail

Heruntergestuft

So so, die GAL stellt jetzt Bedingungen für die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition: Die CDU müsse unter einem möglichen Bürgermeister Ahlhaus ihren "liberalen Kurs" fortsetzen. Wo war und ist denn der liberale Kurs der GAL bei der Schulpolitik? Und da nun der Souverän deutlich gesprochen hat, stuft Senatorin Goetsch ihr zentrales, mit so viel Herzblut hartnäckig verfolgtes Projekt zu einer "Sachfrage" herunter, will im Amt bleiben und den von ihr so scharf bekämpften Volksentscheid umsetzen. Entweder nimmt sie damit ihre politischen Überzeugungen nicht ernst oder die Wähler. In beiden Fällen muss sie gehen.

Hans Kaufmann, per E-Mail

Hamburg bleibt mittelmäßig

Die Abstimmung der Reformgegner auf die Fußballnationalmannschaft übertragen heißt: Wir verzichten auf elf der 23 Spieler mit Migrationshintergrund (Özil, Klose, Khedira ...) und ersetzen sie mit elf halb talentierten Spielern von Eltern aus sogenanntem guten Hause. So wird Deutschland nie Weltmeister, und Hamburg bleibt mittelmäßig.

Erik Sell, per E-Mail

Gewöhnungsbedürftig

Das Demokratie-Verständnis der Senatorin Goetsch ist schon gewöhnungsbedürftig: Nach dem Volksbegehren, das schon eine Menge an Stimmen gegen die Primarschule brachte, von der jeder Grüne bei einer Wahl nur hätte träumen können, stoppte sie keineswegs den Ausbau der Primarschule, das Votum des Volksentscheids abwartend. Ohne Verantwortungsbewusstsein gegenüber den ihr anvertrauten Finanzen, dem Wählerwillen, ja auch gegenüber den Kindern, Eltern und Lehrern der "Starterschulen" trieb sie den Ausbau der Primarschule voran, will sie nun, da ja vorhanden, bestehen lassen. Setzen Sie den Volksentscheid um: stoppen Sie die Primarschule - oder sollte auch dieses Versprechen Schnee von gestern sein?

Dr. Ursula Augener, per E-Mail

In andere Richtungen denken

Goetsch tritt nicht zurück, obgleich ihr "Schiff" nicht in "schwerer See", sondern komplett untergegangen ist. Nun will sie sogar die Starter-Primarschulen einführen, obwohl die Reform abgelehnt wurde. Man hätte längst mal in andere Richtungen denken sollen, zum Beispiel die Ungleichheit der Elternhäuser bereits in den Kindergärten oder der Vorschule auszugleichen durch gezielte Programme.

Ingrid Wolbers, per E-Mail

Lückenloser Nachweis

Der Schlüssel zum erfolgreichen Schulabschluss ist einwandfreies Deutsch von der ersten Klasse an. Darum sollte ein täglicher vierstündiger Deutschunterricht, der auch im Kindergarten abgehalten werden könnte, vom 4. Lebensjahr Pflicht werden und müsste für die Eltern kostenfrei sein. Eine Einschulung dürfte nur erfolgen, wenn ein lückenloser Nachweis über den Besuch vorgelegt werden kann. Außer kleinere Klassen brauchen wir keine weiteren Schulreformen.

Hermann Kapczynski, per E-Mail

Chance zum Einarbeiten

Kommentar "Ein Tritt ohne Zurück"

Zur Amtsmüdigkeit von Bürgermeister Ole von Beust.

Hamburger Abendblatt 19. Juli

Sie unterstellen Ole von Beust als Grund für seinen Rücktritt "Politikverdrossenheit" und merken an, die Wähler hätten ihn für vier Jahre gewählt und nicht für zwei. Tatsächlich hat Ole von Beust in der Mitte der Legislaturperiode sein Amt aufgegeben, damit ein Nachfolger die Chance erhält, sich einzuarbeiten und das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Das ist ein akzeptierter und normaler Vorgang in der Politik und hat nichts mit Politikverdrossenheit zu tun. Viele Menschen unterstellen Politikern, dass sie nicht loslassen können. Das nennt man dann gern machtversessen. Das kann man Ole von Beust nun nicht vorhalten, also nennt man ihn pflichtvergessen. Wie wollen wir denn unsere Politiker - sollen sie ihr Amt mit den Jahren verinnerlichen und nicht loslassen, oder darf es nach vielen Jahren der Arbeit einen geordneten Rückzug, ein Leben außerhalb der Politik, geben?

Jürgen Klimke, per E-Mail

Werte verraten

Herr von Beust verlässt mit seinem Rücktritt das sinkende Schiff, und von ihm werden damit fast alle Werte wie Verantwortung, Sicherheit, Ehrlichkeit und politische Glaubwürdigkeit verraten. Er hat 2008 einen Wählerauftrag für vier Jahre erhalten und überlässt nach zwei Jahren seinem Nachfolger die Einbringung des Haushalts 2011/2012 mit einem hohen Schuldenberg, mit Problemen der HSH Nordbank. Er ist mitverantwortlich für die exorbitante Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie. Der Bürgermeister ist amtsmüde, er zieht sich ins Privatleben zurück, seine Alterssicherung ist geregelt, und die Bürger dürfen für den Schaden aufkommen. Damit tritt von Beust in die Garde diverser Politiker ein, die das Volk als Souverän ignorieren und missachten. Nicht jeder Bürger kann bereits mit 55 Jahren finanziell so abgesichert sein Privatleben genießen, nur in der Politik kann man, je nach Lust und Laune, das "Handtuch werfen".

Eleonore und Klaus Hellberg, per E-Mail

Nachvollziehbar

Ich kann die Entscheidung von Beusts nachvollziehen. Es lässt sich nicht mit den Grünen regieren. Deren Prestigeobjekte sind unsinnig und unbezahlbar.

Karl-Heinz Flügge, per E-Mail