Die Zuschüsse für Schüler des Gastschulabkommens aus Schleswig-Holstein sollen gekürzt werden. Die Folge wäre eine Schuldgelderhöhung.

Hamburg/Kiel. Eltern, deren Kinder eine freie Schule in Hamburg besuchen, müssen sich auf höhere Schulbeiträge einstellen. Der Grund liegt im Gastschulabkommen, das Hamburg und Schleswig-Holstein nach langem Ringen im Dezember vergangenen Jahres geschlossen haben.

Danach zahlt das nördlichste Bundesland der Hansestadt künftig pauschal 6,9 Millionen Euro pro Jahr für diejenigen Schüler aus Schleswig-Holstein, die in Hamburg auf eine Schule in freier Trägerschaft wie Waldorf- und Montessorischulen, katholische oder evangelische Schule gehen.

Mit diesem Betrag liegt Schleswig-Holstein deutlich unter den 11 Millionen Euro, die Hamburg tatsächlich für die privaten Gastschüler aus dem Nachbarland aufwendet. Als Ausgleich will Schul- und Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) nun den Privatschulen die Zuschüsse für ihre schleswig-holsteinischen Schüler kürzen. Bisher zahlte die Stadt für jeden Privatschüler, gleich wo er lebt, den Hamburger Satz. Für Grundschüler beispielsweise macht das 4361 Euro pro Jahr. Nach der neuen Regelung zahlt Hamburg nur noch den in Schleswig-Holstein üblichen Satz in Höhe von 3217 Euro. Die freien Schulen können das Einnahmenminus nur durch höheres Schulgeld ausgleichen. Wer das finanzieren soll - darüber denken die betroffenen Schulen derzeit nach. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Entweder tragen die Eltern der Gastschüler die Last oder die komplette Elterngemeinschaft.

Gleichzeitig kann an vielen Privatschulen der Haushalt noch gar nicht geplant werden, da die Schulbehörde bis jetzt keine Bescheide an die Schulen verschickt hat, die darüber informieren, wie viel die Stadt für welche Schüler zur Verfügung stellt. "Wir gehen davon aus, dass die Schüler, die jetzt schon bei uns lernen, Bestandsschutz genießen. Das bedeutet, dass für sie weiterhin die alte Regelung und nur für die Neuankömmlinge der reduzierte Schleswig-Holstein-Satz gilt", sagt Matthias Farr, Geschäftsführer der Waldorfschule Wandsbek. Gelte die neue Regelung sofort für alle Gastschüler an seiner Schule, dann sei das ein Minus von 180 000 Euro in der Schulkasse. "Das müssen wir erst mal ausgeglichen bekommen. Auf jeden Fall werden wir mit Eltern, Lehrern und Vorstand gemeinsam entscheiden, ob wir das Schulgeld für alle Familien erhöhen."

Kollege Peter Schmidt von der Rudolf-Steiner-Schule Hamburg-Nienstedten rechnet auf jeden Fall mit finanziellen Belastungen: "Es ist ungewiss, wie viele Schüler aus Schleswig-Holstein wir vor dem aktuellen Hintergrund aufnehmen können."

Höhere Schulgebühren werden viele Familien vor Probleme stellen. Oliver und Silke Selaff, beide 42, haben drei Kinder: Merlin, 14, Maiana, 12, und Miah, 6. Die beiden älteren Kinder besuchen die Waldorfschule in Bergedorf, die Familie lebt in Geesthacht in Schleswig-Holstein. "Dass unsere Kinder die Waldorfschule in Bergedorf besuchen können, ist existenziell für uns. Wir haben uns bewusst für diese Schulform entschieden. Es gibt hier keine Alternative", sagt Oliver Selaff. Die nächste Waldorfschule in Schleswig-Holstein ist in Lübeck. "Dorthin hätten die Kinder einen Schulweg von 90 Minuten", sagt der Vater. Das wolle er ihnen nicht zumuten. Eine starke Erhöhung der Schulbeiträge kann die Familie nicht finanzieren. "Wir hoffen auf die Solidargemeinschaft der Eltern", sagt Selaff. Er engagiert sich auch für die Initiative "Lernen ohne Grenzen", die sich dafür einsetzt, dass für Schüler aus Hamburg und Schleswig-Holstein dieselben Schulsätze gelten. Ein erster Erfolg war der Abschluss des Gastschulabkommens. Nun geht es um den Bestandsschutz für alle Schleswig-Holstein-Schüler, die schon jetzt eine freie Schule in Hamburg besuchen.

Den möchte Peter Steinle, Geschäftsführer der Rudolf-Steiner-Schule in Bergstedt, gerne gewähren. Eine Erhöhung der Schulgebühren oder den Rauswurf der Gastschüler hielte Steinle für unanständig. "Ich weiß aber trotzdem nicht, wo ich das Geld künftig hernehmen soll."

In der Schulbehörde ist noch nicht entschieden, wann die Kürzungen greifen sollen. Spätestens zum neuen Schuljahr nach den Somerferien werde aber weniger überwiesen, sagt Behördensprecherin Jasmin Eisenhut. "Wie die Finanzierung aussehen soll, könnten wir noch nicht sagen."