585 Neueinstellungen gab es schon in Hamburg, mehr als 100 Lehrer folgen. Verbeamtung und hohe Einstiegsgehälter locken viele Bewerber.

Hamburg. Lehrermangel ist in Hamburg bis jetzt ein Fremdwort. Zum neuen Schuljahr brauchten die Schulen hauptsächlich wegen der verkleinerten Klassenfrequenzen 585 neue Pädagogen. Weitere Lehrer sollen noch bis zum 1. November dazukommen. Aber alle Stellen können problemlos besetzt werden. "Wir haben eine besonders gute Bewerberlage", sagt Brigitte Köhnlein. Die Sprecherin der Schulbehörde führt das auf die "attraktive Schulsituation" der Hansestadt zurück.

Der Stadtstaat bietet den Pädagogen die Verbeamtung im Anschluss an das Referendariat, hohe Einstiegsgehälter in den Besoldungsgruppen A12 an Grund-, Starter- und Stadtteilschulen und A13 an Gymnasien und Berufsschulen. "Um junge Leute zu gewinnen, haben wir die ersten Besoldungsstufen angehoben", sagt Volker Bonorden, Leiter des Hamburger Personalamts.

+++ Dossier zur Hamburger Schulreform +++

So liegt das Gehalt für Neueinsteiger in der Beamtenklasse A12 mit 2988 Euro fünf Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Die höheren Einstiegsgehälter glichen sich aber in späteren Jahren aus, sodass die Erhöhung für den Senat kostenneutral sei. Hamburg liegt laut Bonorden im Ländervergleich im oberen Drittel bei der Beamtenbesoldung.

412 der neu eingestellten Lehrer kommen aus anderen Bundesländern, davon 95 aus Niedersachsen und 93 aus Nordrhein-Westfalen (NRW). Zwar verbeamtet das bevölkerungsreichste Bundesland alle Lehrer nach Abschluss ihrer Ausbildung, aber die Einstiegsgehälter sind niedriger. "Zudem bildet NRW viele gute Lehrer aus", sagt Nina Heil, Sprecherin des NRW-Schulministeriums. Mehr als das Bundesland braucht. Auch Niedersachsen sieht sich nicht als Verlierer der Hamburger Einstellungspolitik. "Zu uns kommen mehr Bewerber aus anderen Bundesländern, als Universitätsabsolventen aus Niedersachsen weggehen", sagt Corinna Fischer vom niedersächsischen Kultusministerium.

Aus Berlin kommen für das neue Schuljahr 34 Lehrer an die Elbe, auch weil Hamburg bessere Startbedingungen als die Bundeshauptstadt bietet. An der Spree wird gar nicht mehr verbeamtet. "Lehrer müssen nicht verbeamtet werden, um ihre Aufgaben wahrzunehmen", meint Frank Schulenberg, Sprecher des Berliner Bildungssenats. Hauptargument ist aber, dass die Pensionslast für Beamte den Haushalt belastet.

Immerhin rund ein Achtel der neu eingestellten Lehrer kommt aus Baden-Württemberg nach Hamburg. Dabei ist der Süden traditionell ein beliebtes Ziel für Lehrer. Wegen des Überangebots wandern dann viele ab.

Der Fachlehrermangel macht sich aber auch in Hamburg bemerkbar, vor allem in Physik. Aktuelle Zahlen über offene Stellen kann die Schulbehörde zurzeit noch nicht vorlegen, aber es fehlen viele. Deswegen wurden 15 Quereinsteiger eingestellt. Das waren zumeist Diplom-Physiker aus anderen Berufen. Kann der Bewerber gut mit den Schülern umgehen, dann bekommt er einen Referendariatsplatz, um in zwei Jahren zum Lehrer ausgebildet zu werden.

Ob Hamburg auch in Zukunft keine Angst vor generellem Lehrermangel haben muss, das ist umstritten. "Ich beobachte einen Drang nach Süden", sagtJosef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands. "Junge Lehrer reißen sich nicht unbedingt um die Großstädte und Stadtstaaten", meint er. Dort sei die Schülerklientel aufgrund ihrer Zusammensetzung schwierig.

Außerdem hat Hamburgs Nachbarland Niedersachsen den Attraktivitätsfaktor Verbeamtung erkannt: So ist nach der neuen Laufbahnverordnung, die am 1. Juni 2010 in Kraft getreten ist, die Verbeamtung nach dem Referendariat zum Standard geworden - ein Abwanderungsgrund weniger.